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Meinung: Veränderungen werden jetzt schwerer

Betrifft: „Ausgang offen“ vom 27. Januar 2004 Florian Gerster ist arrogant, selbstherrlich und besserwisserisch.

Betrifft: „Ausgang offen“ vom 27. Januar 2004

Florian Gerster ist arrogant, selbstherrlich und besserwisserisch. Diese Wesensbeschreibung hat sich als eine Art emotionales Destillat aus der Kritik seiner Widersacher herausgebildet. Sie trifft im Übrigen auf viele deutsche Vorstände zu – vorausgesetzt, wir lassen unseren Opferfantasien einmal freien Lauf. Berater arbeiten jeden Tag mit Vorständen, Geschäftsführern und Mitarbeitern aus allen Hierarchieebenen zusammen. Auf vergleichbare Charakterisierungen, wie jene, die für Gerster gefunden wurden, stoßen sie dabei immer wieder. Sie wiederholen sich insbesondere dann, wenn Betroffene in Veränderungsprozessen stecken und von den kritisierten Entscheidungsträgern Anweisungen zur Veränderung ihrer bis dahin sattsam gepflegten Routinen erhalten.

Ist auch noch Eile geboten, so kommt es unter zunehmendem Zeitdruck zu Mobbing, Lügen und Illoyalitäten. Auch die Berater werden in diesen Strudel mit hinabgerissen, denn aus Sicht des Unternehmens waren sie es schließlich, die mit ihren Voranalysen dazu beitrugen, den Brunnen zu vergiften. Gerster hat versucht, in hohem Tempo dem politischen Auftrag der Bundesregierung Folge zu leisten. Dies tat er unter den gegebenen politischen Rahmenbedingungen klar und transparent. Als Berater wünschen wir uns solche Vorstände. Wer viel bewegt, der stört. Deswegen wählt man in Veränderungsprozessen häufig einen langsamen Weg. Nur so bleiben Widerstände handhabbar.

Die Veränderungsnotwendigkeit war hoch, die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter und verbundener Akteure extrem niedrig. Das System revoltierte. Im Sinne von Veränderung ist der Super-GAU eingetreten: Die nicht veränderungswilligen Mitglieder des Systems waren stärker als die Veränderungsnotwendigkeit. Alle zukünftigen Veränderungsprozesse haben wenig Chancen zu gelingen, denn das System Behörde hat nun gelernt, dass man sich gegen Veränderung politisch erfolgreich wehren kann.

Roderich Heinze, Hamburg

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