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Meinung: Werden die Straßen sicherer, wenn Flensburg-Punkte schneller verjähren?

„Von Flensburg bis Sterbehilfe / Schwarz-Gelb will Verkehrssündern helfen, die Gesundheitskarte stoppen und Arznei billiger machen“ vom 19. OktoberWarum muss man die Verjährungsregel für die Flensburger Verkehrssünderkartei lockern?

„Von Flensburg bis Sterbehilfe / Schwarz-Gelb will Verkehrssündern helfen, die Gesundheitskarte stoppen und Arznei billiger machen“ vom 19. Oktober

Warum muss man die Verjährungsregel für die Flensburger Verkehrssünderkartei lockern? Das ist in meinen Augen nichts anderes als eine Aufforderung, es mit der Straßenverkehrsordnung nicht allzu genau zu nehmen. Wenn man sich das rücksichtslose Verhalten, das viele Autofahrer schon jetzt an den Tag legen, vor Augen führt, bleibt bei diesem Vorhaben der neuen Regierung nur Fassungslosigkeit. Dass sich die bestehende Regelung seit langem bewährt hat, interessiert in der neuen Koalition anscheinend keinen.

Ulrich Baumann, Berlin-Spandau

Kann mir irgendjemand erklären, warum sich die FDP für eine Aufweichung der bisherigen Verjährungsregelung für Verkehrsstraftaten einsetzt? Straßenverkehrsverstöße werden ohnehin schon als Kavaliersdelikte betrachtet - muss nicht eine Lockerung wie eine Ermutigung für Skrupellose und Unbelehrbare wirken? Wem wird dadurch gedient? Soll noch mehr auf der dritten Autobahnspur vorübergedonnert oder bis an die Stoßstange aufgefahren werden? Ist es vielleicht kein Zufall, dass sich gerade die Partei, die sich ungern als die Partei der Besserverdienenden bezeichnen lässt, für diejenigen einsetzt, die mit ihren Porsches und Ferraris und übermotorisierten Monsterjeeps am ehesten in Gefahr sind, die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten? Und deren ungebremstes liberales Selbstbewusstsein ohnehin dazu tendiert, sich über die Regeln des ach so regulierenden Staates hinwegzusetzen? Ich würde die Verjährungsregeln verschärfen. Wenn ich beim Zuschnellfahren oder beim Falschparken erwischt werde (was leider manchmal passiert), habe ich es verdient.

Ulrich Waack, Berlin-Lichtenrade

Sehr geehrter Herr Baumann,

sehr geehrter Herr Waack,

Sie sprechen ein wichtiges Thema an, nämlich das „Verkehrsklima“ auf unseren Straßen. Dieses zu verbessern, ist für den Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) und seine Mitglieder seit 40 Jahren eine Daueraufgabe. Bei der aktuellen Diskussion um die Verjährungsfristen von Punkten im Flensburger Verkehrszentralregister sind sicherlich noch viele Fragen offen. Wir werden diesen Prozess selbstverständlich genau beobachten und verfolgen. Sie sprechen das rücksichtslose Verhalten einiger Verkehrsteilnehmer an und sagen völlig zu Recht, dass Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung keinesfalls als Kavaliersdelikte betrachtet werden dürfen. Diese Auffassung teile ich uneingeschränkt.

Wie Sie wissen, müssen Raser und Drängler seit dem 1. Februar dieses Jahres tiefer in die Tasche greifen. Auch für Fahrer, die unter Alkohol- oder Drogeneinfluss am Steuer sitzen, wurden die Bußgelder erhöht. Der DVR hat die Erhöhung der Geldbußen von Anfang an begrüßt und unterstützt. Ich bin fest davon überzeugt, dass die verschärften Sanktionen einen Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit auf unseren Straßen leisten. Das gilt besonders für die bereits erwähnten schwerwiegenden Verstöße, die oft schwere Unfälle nach sich ziehen und Menschenleben kosten. Ein tieferer Griff ins Portemonnaie zeigt durchaus Wirkung, wie Beispiele in anderen europäischen Staaten belegen und führt hoffentlich auch bei uns dazu, dass bei der nächsten Fahrt die Devise lautet: Runter vom Gas! Übrigens sind die Geldbußen im europäischen Ausland zum Teil noch sehr viel höher.

Klar ist allerdings auch, dass höhere Bußgelder nicht das Allheilmittel sind. Verkehrserzieherische und -aufklärerische Maßnahmen müssen weiterhin einen wichtigen Beitrag leisten, auffällige Fahrer zu einem veränderten Verkehrsverhalten zu bewegen. Daneben muss ein engmaschiges Kontrollnetz dazu beitragen, die Unfallhäufigkeit zu reduzieren. Nur mit einem solchen Maßnahmenbündel ist ein verbessertes Verkehrsklima auf unseren Straßen zu erreichen. DVR und Bundesverkehrsministerium setzen mit ihrer gemeinsamen Verkehrssicherheitskampagne "Runter vom Gas!" ein Zeichen gegen falsches Verhalten im Straßenverkehr, das viel zu oft verdrängt wird. Kontrolle, Überwachung und entsprechende Sanktionen sind also wichtige Elemente, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Unser Präventionsansatz geht aber viel weiter. Bei der Ansprache der Verkehrsteilnehmer stellt der DVR den Partnerschaftsgedanken und die Stärkung der Eigenverantwortung in den Mittelpunkt. Wir wollen eine Verhaltensänderung bei den Verkehrsteilnehmern erreichen.

Seit zwei Jahren legt der DVR seiner Verkehrssicherheitsarbeit die Sicherheitsphilosophie „Vision Zero“ zugrunde. Kern der Philosophie ist ein sicheres Verkehrssystem und die Einsicht, dass der Mensch als Teil dieses Systems nicht fehlerfrei agiert. Ziel von Vision Zero ist es, die Mobilität lebenswert zu sichern und unfallfrei zu gestalten und dadurch das Sicherheitsbedürfnis der Menschen zu befriedigen. Bei der Abwägung von unterschiedlichen Werten oder Zielen muss die Unversehrtheit des Menschen an erster Stelle stehen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allzeit eine gute und sichere Fahrt!

Mit freundlichen Grüßen

— Dr. Walter Eichendorf, Präsident

des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR)

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