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Meinung: Werteunterricht sollte sich am Grundgesetz orientieren

„Toleranz setzt Wissen voraus“ vom 29. März 2005 Die aktuelle Diskussion um den Werteunterricht in Berlin ist von einer unsäglichen Ignoranz der SPD/PDS gegenüber den tatsächlichen Gegebenheiten an den Berliner Schulen gekennzeichnet.

„Toleranz setzt Wissen voraus“

vom 29. März 2005

Die aktuelle Diskussion um den Werteunterricht in Berlin ist von einer unsäglichen Ignoranz der SPD/PDS gegenüber den tatsächlichen Gegebenheiten an den Berliner Schulen gekennzeichnet. Wie denn ist es zu verstehen, dass über die Köpfe der täglich um Wertevermittlung bemühten Lehrer hinweggegangen wird? Seit über zehn Jahren existiert in Berlin der Schulversuch „Ethik/Philosophie“, der von der FU wissenschaftlich begleitet wird und, angeregt durch Elternfürsprache, vielerorts fest in den Schulalltag verankert ist. Warum wird dieses erfolgreiche Modell nicht aufgegriffen und ausgeweitet ?

Wer über den Kaukasischen Kreidekreis, die Kantaten von Bach, die Kunst von Rembrandt, Dürer, Dali, Hrdlicka, Beuys, Wilson und anderen, aber auch die unveräußerliche Würde jedes Menschen, Herr Flierl, „wissensgestützt, kulturell reflektieren und kommunizieren“ möchte, kommt an einem Religionsunterricht als verbindliches Alternativfach zum Ethikunterricht nicht vorbei!!

Wolfgang Kahmann, Berlin-Steglitz

Es ist legitim, dass ein PDS-Kultursenator in der Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands sich für ein neuzubildendes Fach Werteunterricht einsetzt. Nur, ein freiheitlicher Staat hat in schulischen Dingen weltanschaulich neutral zu sein. Der rot-rote Senat aber fordert das neu einzuführende Fach Werteunterricht als einzig verbindliches Schulfach. Der Religionsunterricht soll demnach freiwillig in die Nachmittagsstunden verbannt werden. So kann man auch den seit Jahrzehnten bewährten Religionsunterricht austrocknen und allmählich absterben lassen. Immerhin nehmen zurzeit etwa 115000 Schüler am Religionsunterricht teil.

Das Freiheitsrecht von Eltern und Schülern soll gewahrt bleiben und deshalb fordern viele die Wahlmöglichkeit des Religionsunterrichts als gleichberechtigtes Fach (Wahlpflichtfach!) neben dem neu zu kreierenden Fach Werteunterricht. Nur so würde der Staat seinem bildungspolitischen Auftrag auch im Hinblick der weltanschaulichen Neutralität(-spflicht) und dem Artikel 7, Abs. 3 G.G. gerecht. Eine erneute Zwangsbeglückung durch einen Kultursenator soll uns und unseren Kindern erspart bleiben.

Stefan Krikowski, Berlin-Schöneberg

„Religion ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach.“ So steht es im Artikel 7 des Grundgesetzes. So ist es auch in den alten Bundesländern mit Ausnahme Bremens, d.h. in der Mehrzahl aller Bundesländer. Und so wäre es auch seit der Wiedervereinigung in Berlin und den neuen Bundesländern, wenn es nicht den Artikel 141, eine auf Bremen gemünzte und deshalb auch „Bremer Klausel“ genannte Ausnahmeregel geben würde, in der es heißt, dass obiger Satz „in einem Lande, in dem am 1. Januar 1949 eine andere landesrechtliche Regelung bestand“, keine Anwendung findet. Zu diesem Zeitpunkt war in der „Viermächtestadt Berlin“ und der „Sowjetzone“ der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach bereits abgeschafft, nicht zuletzt durch Einflussnahme der religionsfeindlichen sowjetischen Besatzungsmacht. Ist es jetzt, wo Werteunterricht in Berlin als Pflichtfach eingeführt werden soll, nicht an der Zeit, dass in der Bundeshauptstadt die „Bremer Klausel“ keine Anwendung findet und Religion als gleichberechtigtes Wahlpflichtfach in öffentlichen Schulen anerkannt wird?

Dr. Waldemar Broser, Berlin-Zehlendorf

Mit der Diskussion um das Fach Wertekunde ist ein Problem angesprochen worden, das schon lange hätte gelöst werden müssen. In welchem Fach haben muslimische Schüler/innen bisher etwas übers Christentum erfahren? Wahrscheinlich gab es hier eher zufällige Diskussionen. In welchem Fach haben katholische und evangelische Schüler/innen etwas über die jeweilige andere Konfession erfahren? Wahrscheinlich dieselbe Antwort. Als ich früher in Niedersachsen zur Schule ging, durften die zwei Katholiken eine Freistunde genießen, wenn der evangelische Rest der Klasse Religion hatte.

Meine Kinder nehmen am Religionsunterricht teil, der nicht einmal von Lehrer/innen, sondern von evangelischen Katechistinnen erteilt wird. Dies ist meines Wissens sogar ein Berliner Sonderweg. In Niedersachsen war Religionsunterricht zumindest ein normales Schulfach. Dieses merkwürdige Konstrukt hat ja offensichtlich auch den Weg geebnet für fragwürdige muslimische Gemeinschaften, auf Staatskosten Schüler zu indoktrinieren.

Die eigentliche Grundlage unserer Gesellschaft ist das Grundgesetz. Dieses geht weit über alle moralischen Forderungen von Religionsgemeinschaften hinaus! Musste nicht die Demokratie in vielen Ländern gegen die Kirche erkämpft werden? Sollten nicht in einem Fach Wertekunde die Werte der Religionen am Grundgesetz gespiegelt werden? Wo gibt es Widersprüche?

Norbert Körner, Berlin-Spandau

„Bischof Huber kritisiert staatliche Intoleranz“ vom 27./28. März 2005

Bischof Huber nennt die Einführung von verbindlichem Ethikunterricht „staatliche Intoleranz“. Je nach Mentalität könnte man wütend werden oder einfach nur lachen, wozu ich mehr und mehr neige. Deshalb gehört auch der Religionsunterricht alter Art zu dem umfangreichen Repertoire von Kirchen, durch mehr oder weniger sanfte Maßnahmen frühe Prägungen und Bindungen zu schaffen. Die Abkehr hiervon bewirkt einen klaren Wettbewerbsnachteil bei diesem Ziel. Mehr als unverhohlen wird dabei sichtbar, dass es den Kirchen (und großen Teilen der CDU) noch immer nicht darum geht, dass Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft der mündige Entschluss jedes Einzelnen sein muss. Ich wünsche den Bemühungen des Senats von Herzen Erfolg und hoffe, dass in gar nicht langer Zeit auch diese Kämpfe und Krämpfe als zwar notwendige, aber überwundene Phasen auf dem Weg zu neuen Verständnis-Stufen gesehen werden.

Jochen Sindberg, Berlin-Hermsdorf

Es ist ja erfreulich, dass Bischof Wolfgang Huber, seit 1976 in Berlin für die Evangelische Kirche verantwortlich tätig, sich nun endlich klar und deutlich zur Sache des Religionsunterrichts an den Berliner Schulen äußert. Der Missstand, vor allem an den Berliner Oberschulen, existiert ja schon lange: Während der Religionsstunden (zehn bis dreißig Prozent Teilnehmer in der Sekundarstufe I) treiben sich die restlichen Schüler im Schulhaus oder vor der Schule rum. Ein Wahlpflichtfach „Ethik, Religion...“ für alle Schüler eröffnete die Freiheit, zwischen Religionsunterricht oder einem anderen Werteunterricht zu wählen. Es käme allen Schülern zugute, ohne den kirchlichen Religionsunterricht in der Berliner Schule zu diskriminieren.

Eike A. Detering, Teltow

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