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Meinung: Worthülsen können nicht zünden

Betrifft: „Korrekturen in letzter Minute“ vom 14. Oktober 2003 Die Suche nach dem Unwort des Jahres hat wieder begonnen.

Betrifft: „Korrekturen in letzter Minute“ vom 14. Oktober 2003

Die Suche nach dem Unwort des Jahres hat wieder begonnen. Wenn man sich das so recht überlegt, ist ein Unwort des Jahres doch viel zu wenig. Wenn alle nur in einzelnen Wörtern über die ganzen Reformen und Reformverhinderer, Steuerbefreier und Steuerbelaster, Konjunkturflautler und mangelnde Wirtschaftsoptimisten, Jobfloater und Arbeitsunwillige reden würden, wäre dem Land vielleicht schon geholfen. Es müsste nicht mehr in aufgeblähten Wortphrasen nach dem Sinn suchen und hätte wieder mehr Zeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Wie schnell hat man sich, als Politiker, doch in all diesen Phrasen verstrickt und muss dann alles Mögliche tun, um die leeren Wortblasen weiter aufrechtzuerhalten. Wer kommt denn da noch zum Arbeiten? Am Freitag wurden im Bundestag Gesetze auf den Weg gebracht, die, mit Kommentaren, einen Umfang von ca. 30 000 Seiten haben. Wer soll die gelesen haben? Ganz sicher nicht die Leute, die darüber abstimmen werden. Geht das Ganze wirklich nicht kürzer und verständlicher? Noch imposanter werden diese Dinge, wenn sie vom Bundesrat wieder zurückgeschickt werden und in den Vermittlungsausschüssen Kompromisse erarbeitet werden sollen. Wie soll man einen Kompromiss finden, wenn man gar nicht exakt wissen kann, über was man da redet? Bis dahin wird das ganze Gesetzesmaterial mit Sicherheit fast auf das Doppelte angeschwollen sein.

Wer hat in diesem Land noch den Mumm, Verantwortung klar und deutlich zu tragen und zu sagen, wo es langgeht? Wer bringt die ganzen Wortblasen endlich zum Platzen?

Wolfgang Kaufmann, BerlinMitte

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