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Viel Sand, wenig Parkplatz, keine Bauarbeiter. Baustellen in Wohngebieten sind oft ein Ärgernis.

© Doris Spiekermann-Klaas

Leserdebatte: Unnütze Baustellen: Befreit die Parkplätze

Die Parkplatzsuche vor der eigenen Haustür kann leicht zum Ärgernis werden. Vor allem dann, wenn die Parkplätze von Baustellen blockiert werden, auf denen wochenlang nichts passiert. Kennen auch Sie solche Fälle, liebe Leserinnen und Leser? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen und diskutieren Sie mit.

Mir ist aufgefallen, dass auf den meisten Berliner Baustellen die Arbeit ruht. Irgendwann kommen Männer in die Straße, wo man wohnt, stellen Hütchen, Sperrgitter und Halteverbotsschilder auf, vielleicht laden sie auch noch einen Haufen Sand ab. Dann gehen die Männer wieder. In den folgenden Wochen passiert nichts. Das ist der Normalfall. In der Straße, wo man wohnt, gibt es dann zehn Parkplätze weniger.

Leute, die ihr Auto benutzen, brauchen nun in der Woche, zusammengerechnet, etwa zwei Stunden mehr für die Parkplatzsuche und eine Stunde mehr für den Fußweg zur Wohnung. Ich finde das psychologisch-politisch interessant. In Berlin ist die SPD die größte Regierungspartei, der Verkehrssenator gehört ebenfalls zur SPD. Wenn die SPD erklären würde: „Ab sofort steigt die wöchentliche Arbeitszeit für alle arbeitenden Bürgerinnen und Bürger in der Metropole Berlin um drei Stunden“ – das gäbe einen riesigen Aufruhr. Da würden viele sagen, es passt überhaupt nicht zu den politischen Traditionen der SPD. Wenn aber die Arbeitszeit durch die Errichtung von Baustellen um drei Stunden verlängert wird, nimmt der Mensch dies hin und sieht nicht die politischen Zusammenhänge. Übrigens werden die Besserverdienenden von der SPD-Baustellenpolitik natürlich weniger hart getroffen, weil sie Garagen haben.

Ein Mensch, den ich sehr gut kenne, kämpft gegen diesen sozialen Missstand. Immer, wenn dieser Mensch, den ich sehr gut kenne, abends seinen Hund spazieren führt, montiert er an den verlassenen Baustellen die Halteverbotsschilder ab. Sie sind meistens nur mit dünnen Plastikbändchen befestigt, Nagelschere genügt, oder sie stecken locker in einem Ständer. Jeder kann das machen. Wenn man die Schilder hinter einen Busch wirft oder in einen Container – was passiert dann? Die arbeitende Bevölkerung in der Straße hat wieder Parkplätze. Völlig legal. Dass dort vorher mal ein Schild stand, können die Menschen ja nicht ahnen. Und niemand merkt es, denn die Baustelle ist ja verlassen. Da lässt sich wochenlang keiner von der Baufirma oder der Stadt blicken. Bei uns in der Gegend hat dieser Mensch bereits zwanzig Parkplätze befreit. Seit Wochen wird dort wieder lustig geparkt, ohne dass es irgendeiner Behörde aufgefallen wäre. Die Baustellen werden nur eingerichtet, weil Jahresende ist und weil die Stadt schlecht geplant hat und weil Finanzzuschüsse verfallen, sofern sie nicht zum Schein noch 2012 mit der Arbeit anfangen. Vor 2014 wird da eh nix gebaut.

Ich möchte niemanden zu einer Straftat auffordern. Aber ich finde, die Parkplatzbefreiung ist ähnlich einzuschätzen wie früher die Hausbesetzungen. Es mag verboten sein, aber es ist ein legitimer Akt des Widerstands gegen ein Versagen der Politik.

Kennen Sie ähnliche Fälle, liebe Leserinnen und Leser? Gibt es auch bei Ihnen in der Gegend verwaiste Baustellen, die die Parkplatzsituation verschärfen? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen in das Kommentarfeld etwas weiter unten auf dieser Seite oder schicken Sie uns Ihre Fotos an leserbilder@tagesspiegel.de

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