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Meinung: Löcher im Netzwerk

Erst seit dem Schock über den Anschlag auf Bali kämpft Südostasien gemeinsam gegen den Terror

Lange hatte keiner die Gefahr so recht ernst genommen. Erst nach dem Anschlag auf Bali mit 200 Toten, die meisten westliche Touristen, setzten die UN und die USA die südostasiatische „Jemaah Islamiyah" auf ihre Liste der Terrorgruppen.

Dass in Indonesien Bomben hochgehen würden, hatten viele prophezeit; man wusste nur nicht wo. Oft genug wurde auch bemängelt, dass Terroristen dort frei herumlaufen. Vor allem die USA, Singapur und Malaysia hatten die Regierung in Jakarta seit Anfang 2002 bedrängt, Terroristen zu suchen und zu verhaften. Sie tat es nicht.

Erst die Bali-Bomben schreckten Indonesien auf. Neuerdings werden militante Moslems verhaftet. Der Anschlag auf Bali war religiös motiviert, sagen gefasste Täter mit Stolz. 30 sitzen jetzt im Gefängnis, zuvor hatte es überhaupt nur zwei Terror-Festnahmen gegeben. Gleichzeitig beteuerten Jakartas Politiker, es gebe keine international operierenden Terroristen in Indonesien. Erst die 200 Toten und der wirtschaftliche Schaden im Tourismus bewirkten den Sinneswandel.

Der Kampf gegen Terror ist unpopulär. 90 Prozent der 200 Millionen Indonesier glauben an den Islam und meinen, dass Amerika nicht Terroristen, sondern Moslems verfolge. Sie hassen die US-Politik im Nahen Osten und wollen das nicht trennen vom Kampf gegen Al Qaida. Politiker, die vor dem Anschlag gesagt hätten: „Lasst uns auf die USA hören und militante Moslems verhaften", hätten zur nächsten Wahl nicht anzutreten brauchen.

Auch Malaysia und Singapur, die Dutzende mutmaßliche Terroristen verhafteten, hatten vergeblich Druck ausgeübt. Kritik von dort ist nicht willkommen, die Nachbarn sind unbeliebt. Malaysia vergraulte in diesem Jahr eine halbe Million indonesischer Gastarbeiter. Belehrungen aus dem reichen Singapur lösen Abwehrreflexe aus. Singapur beherbergt korrupte indonesische Geschäftsleute samt ihrem geklauten Vermögen.

Der Schock von Bali hat nichts an den Antipathien geändert. Aber die Regierung hat ihren Populismus zurückgeschraubt: Neue Dekrete ermöglichen Festnahme und Strafverfolgung von Terroristen. 100 ausländische Polizisten durften ins Land, sie ermitteln gemeinsam mit indonesischen Kollegen, der Bali-Anschlag ist praktisch aufgeklärt. Eine „Anti-Terror-Koordinationsgruppe" und eine „Anti-Geldwäsche-Agentur" entstanden. 200 000 Polizisten waren zu Weihnachten im Einsatz und verhinderten Terroranschläge, schützten vor allem Kirchen. Mit Erfolg. Vor zwei Jahren gab es Anschläge auf 30 Kirchen, 17 Menschen starben, mehr als 100 wurden verletzt.

Singapur, Malaysia und die Philippinen taten schon vor den Bali-Bomben, was sie konnten, um Terroristen zu verfolgen. Nun zeigt auch Indonesien diesen Willen. Thailand denkt ebenfalls um. Zunächst hatte Ministerpräsident Thaksin Berichte über Aktivitäten der „Jemaah Islamiyah" in seinem Land zurückgewiesen. Nun scheint er zu begreifen, dass er Thailands Ruf als friedliches Urlaubsparadies gefährdet, wenn er die Bedrohung ignoriert; denn das ist in Indonesien schief gegangen. Bangkok räumt jetzt ein, dass Mitglieder der Terrorgruppe sich in Thailand trafen.

Alle großen Länder Südostasiens haben ein Terrorproblem. Der Anschlag in Indonesien soll in Thailand geplant worden, das Geld dafür aus Malaysia gekommen sein. Al Qaida plante Anschläge in Singapur. Einige Bali-Verhaftete wurden in den Südphilippinen militärisch ausgebildet.

Nach Bali unternehmen nun alle großen Staaten Südostasiens etwas gegen Terroristen. Wie erfolgreich – das ist eine andere Frage. Mit Ausnahme von Singapur sind sie alle Schwellenländer, in denen die Institutionen schwach, die Grenzen relativ offen und Korruption sowie illegaler Waffenbesitz weit verbreitet sind.

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