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Meinung: „Loyalität, Professionalität, Leistung“

Am vergangenen Mittwoch hielt Klaus Scharioth im Auswärtigen Amt eine kleine Rede. „Sie haben viel verlangt“, sagte der Staatsekretär über den scheidenden Außenminister, „Sie waren oft ein unbequemer Chef, aber Sie haben sich auch selbst nicht geschont.

Am vergangenen Mittwoch hielt Klaus Scharioth im Auswärtigen Amt eine kleine Rede. „Sie haben viel verlangt“, sagte der Staatsekretär über den scheidenden Außenminister, „Sie waren oft ein unbequemer Chef, aber Sie haben sich auch selbst nicht geschont.“ Kurz zog Scharioth Bilanz der Fischer-Jahre, und erwähnte dabei auch die „langen Tage und Nächte – auch zu Silvester – im Krisenreaktionszentrum, zum Beispiel nach dem Tsunami“.

Fischer ist nun weg und Scharioth leitet bereits den nächsten Krisenstab, diesmal kümmert er sich um die im Irak entführte Deutsche. Der Krisenstab, heißt es aus dem Außenministerium, stehe „mit allen relevanten Stellen im Irak“ und der Familie der Entführten in Kontakt. Wie beim Tsunami wird der weißhaarige Scharioth wieder zum öffentlichen Gesicht der Tragödie. Ihm scheint das nicht wirklich zu behagen, Scharioth ist ein eher unauffälliger Typ, ein ruhiger und erfahrener Diplomat, der seinen Ehrgeiz nicht im Rampenlicht befriedigt. Als er dem neuen Minister versicherte, die Mitarbeiter des Außenministeriums zeichneten sich durch „Loyalität, Professionalität und Leistungsbereitschaft “ aus, wird der Jurist vor allem sich selbst im Kopf gehabt haben: Seit knapp 30 Jahren dient der Essener dem Außenministerium, in Ecuador, bei der deutschen UN-Vertretung, als Kabinettschef des Nato-Generalsekretärs, als Leiter der Politischen Abteilung. Seit 2002 ist er Staatssekretär im Auswärtigen Amt und kaum einer kann das Mantra der deutschen Außenpolitik, den „multilateralen Imperativ“, so überzeugt durchdeklinieren wie er.

Vor wenigen Tagen berichtete der „Spiegel“, Angela Merkel habe den Wechsel des 59-Jährigen auf den Botschafterposten in Washington gestoppt, weil er ihr zu SPD-nah und zu amerikakritisch sei. Damit kann nur bushkritisch gemeint gewesen sein, denn ein echter Kritiker hätte sich kaum so lange in Amerika aufgehalten: Nicht nur verbrachte Scharioth ein Studienjahr in der tiefsten amerikanischen Provinz, in Caldwell, Idaho, nach seinem Eintritt ins Auswärtige Amt 1976 kehrte er sogar für eine Promotion an der Fletcher School der Tufts University in die USA zurück. So gut scheint es ihm dort gefallen zu haben, dass er der Fletcher School noch heute Geld spendet.

Statt nach Washington wechselt Scharioth in Kürze als neuer deutscher Botschafter nach London. Krisen warten dort vermutlich wenige, öffentliche Auftritte dafür umso mehr.

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