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Meinung: Mal rote Luft ablassen Berlins SPD kritisiert Schröder

und fühlt sich gut dabei

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Weiß die Berliner SPD, um mit Willy Brandt zu sprechen, was die neue Zeit für Antworten braucht? Sprachlos sind die Sozialdemokraten nicht, wie der Landesparteitag am Sonnabend zeigte. Sie haben hin und her diskutiert: Über den Kurs der Bundespartei, über den Umgang mit dem öffentlichen Dienst in Berlin. Sie haben über die Rolle des Staates philosophiert und ein paar Sparbeschlüsse des rot-roten Senats in Frage gestellt. Der SPD-Landeschef Peter Strieder hat seine Genossinnen und Genossen in kluger Absicht von der kurzen Leine gelassen.

Die sozialdemokratische Sehnsucht nach Gerechtigkeit und einem sorgenden Staat sollte auf diesem Parteitag ausgelebt werden können. Und so wurden der Bundespartei kluge, aber wohl folgenlose Ratschläge gegeben. Am bösen Wort, der SPD-Landesverband bestehe vorwiegend aus Sozialarbeitern, Lehrern und Mitarbeitern der Jugendämter, ist schließlich etwas dran.

Der harte Umgang des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit mit dem öffentlichen Dienst, die Grausamkeiten von Finanzsenator Thilo Sarrazin, haben in der Landes-SPD tiefe Spuren hinterlassen. Dürfen Sozialdemokraten das? Die Genossen schmerzt es sehr, das zwischen Solidarität und Modernität eine so große Lücke klafft. Trotzdem ist Strieders Rechnung aufgegangen. Die Diskussion hat gut getan, ohne Schröder im Berliner Kanzleramt oder Wowereit im Berliner Rathaus richtig weh zu tun. Aus den Antworten des Parteitags auf die neue Zeit konnte sich jeder was heraussuchen. Und in einem waren sich alle einig: Die SPD regiert in Bund und Land und will das bis 2006 weiter tun. Deshalb hatten selbst forsche Parteilinke keine Lust, Rot-Grün oder Rot-Rot Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

Die neuen Selbstzweifel haben es nicht vermocht, das Selbstbewusstsein zu überstrahlen. Ein Lebensmut, der nicht nur der täglich ausgeübten Regierungsmacht entspringt, sondern dem Wissen: Die anderen sind (noch) viel schlechter als wir. Die PDS löst sich allmählich auf, die Landes-CDU hat den Kontakt zum realen Leben abgebrochen, den Grünen fällt das Opponieren schwer, weil sie im Bund mitregieren und die FDP, naja … So lässt es sich prima leben. Vorerst.

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