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Meinung: „Man muss das Unmögliche wollen“

Wenn in Pristina von Joachim Rücker die Rede ist, dann sind fast alle einig: Der Stammtisch, Politiker und Journalisten loben den zierlichen Mann aus Stuttgart als dynamischen Beamten, der von Termin zu Termin hetzt, um die daniederliegende Wirtschaft anzukurbeln. Rücker leitet seit Anfang 2005 die EU-Mission im Kosovo, die unter anderem für die Privatisierung von Staatsunternehmen zuständig ist.

Wenn in Pristina von Joachim Rücker die Rede ist, dann sind fast alle einig: Der Stammtisch, Politiker und Journalisten loben den zierlichen Mann aus Stuttgart als dynamischen Beamten, der von Termin zu Termin hetzt, um die daniederliegende Wirtschaft anzukurbeln. Rücker leitet seit Anfang 2005 die EU-Mission im Kosovo, die unter anderem für die Privatisierung von Staatsunternehmen zuständig ist.

Ab Anfang September übernimmt der Sozialdemokrat die gesamte UN-Mission im Kosovo. Seine administrativen Erfahrungen hat Rücker als Bürgermeister in Sindelfingen gesammelt und als Finanzexperte im Auswärtigen Amt. Danach war er Stellvertreter des Hohen Vertreters in Sarajevo. Seine Devise leiht er sich von Willy Brandt: „Man muss das Unmögliche wollen, um das Mögliche zu erreichen.“ Der 55-Jährige folgt dem dänischen Diplomaten Sören Jessen-Petersen und wird der sechste UN-Gouverneur seit dem Ende des Kosovokrieges vor sieben Jahren. Er dürfte auch der letzte sein. Nach dem Fahrplan der UN und der Balkan-Kontaktgruppe soll der Status der formell zu Serbien gehörenden Provinz bis Ende des Jahres geklärt werden. Mit Rücker wird die Zahl der deutschen Diplomaten, die wichtige Posten auf dem Balkan innehaben, noch größer. In Sarajevo amtiert der ehemalige Postminister Christian Schwarz- Schilling als Hoher Repräsentant, die OSZE-Mission in Pristina leitet der Diplomat Werner Wnendt und der Kommandant der Nato-Friedenstruppe im Kosovo ist ab dem 1. September der deutsche Generalmajor Roland Kather.

Rückers Aufgabe ist es, den Abzug der UN-Verwaltung (Unmik) aus der zwei Millionen Einwohner zählenden Provinz vorzubereiten. An deren Stelle soll eine EU-Mission treten. Derzeit läuft im Kosovo die 18. Runde der Privatisierung. Von den 500 zum Verkauf stehenden staatlichen Betrieben sind bisher über 200 in Privatbesitz übergegangen. Rücker hat die Privatisierungserlöse von 15 auf fast 300 Millionen Euro gesteigert. Es gibt Hinweise, dass Strohmänner von Politikern Unternehmen kaufen. Rücker sagt, seine Behörde versuche, Unregelmäßigkeiten zu unterbinden. Und er blickt lieber in die Zukunft: Mit seinen Bodenschätzen – Braunkohle, Nickel, Zink, Blei und Erze – habe das Kosovo eine gute Perspektive. Vorerst plagen die Leute jedoch die häufigen Stromausfälle. Rücker, der auch für den maroden Energieversorger KEK zuständig ist, wird auch „Chef der Dunkelheit“ genannt.

Enver Robelli

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