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Meinung: Matthies meint: Der letzte Sargnagel

Umsonst, so pflegt der Volksmund zu sagen, sei allein der Tod, denn er koste nichts als das Leben. Das ist neuerdings nur noch teilweise richtig beobachtet, denn zumindest die Beerdigungen sind in den vergangenen Jahrzehnten immer teurer geworden.

Umsonst, so pflegt der Volksmund zu sagen, sei allein der Tod, denn er koste nichts als das Leben. Das ist neuerdings nur noch teilweise richtig beobachtet, denn zumindest die Beerdigungen sind in den vergangenen Jahrzehnten immer teurer geworden. Wer in Eiche massiv wohnte, mochte gern auch in Eiche massiv zu Grabe getragen werden, und die Angehörigen feilschten nicht um den Preis des letzten Hemdes, denn sie wussten schließlich, dass es keine Taschen hat. Doch die Konjunktur machte dieser Idylle ein langsames Ende, dem Ikea-Regal folgte der passende Sarg, und nun haben wir das Debakel: "Sargindustrie kämpft ums Überleben", wie eine Agentur gestern feinsinnig titelte. Der Angriff auf den Wirtschaftszweig kommt von zwei Seiten. Einerseits ist es, wie bei den Lastwagen und den T-Shirts, die Auslandskonkurrenz, andererseits der Zeitgeist, der den fragilen Markt reif gemacht hat für Särge aus schnöder Recycling-Pappe, in die kein Nagel mehr passt. "Für Feuer- und Erdbestattungen gänzlich untauglich", meint der Verbandsvorsitzende Hassel, durch sie werde die Beerdigung zum "billigen Rummel". Hassels Gegenmittel: die Ökosteuer. Weil ein Papiersarg nichts zur Verbrennung beitrage und deshalb zusätzliche Energie ... Der Sarginhalt kann nicht mehr widersprechen, denn er ist ja tot. Wir Überlebenden geben aber zu bedenken: Ist ein billiger Rummel wirklich automatisch besser als ein teurer?

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