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Matthies meint: Mit der/m Elter zur Zebrabrücke

Bernd Matthies über Sprachungetüme und geschlechtsneutrale, "nicht-sexistische" Sprache.

Der Europarat, ja. Kenner sagen, er heiße so, weil man nur raten könne, womit er sich überhaupt beschäftigt, aber das ist gemeine Polemik. Denn er ist zumindest eines: die Eingangstür der Schweiz nach Europa. Das schöne Alpenland hat uns mehr zu bieten als Emmentaler und Nummernkonten, zum Beispiel ein ausgeprägtes Gefühl für geschlechtsneutrale, präziser: „nicht sexistische“ Sprache.

Die gibt es in Bern in Gestalt eines 200-seitigen Leitfadens, und der Europarat empfiehlt nun auch, dessen Prinzipien in ganz Europa anzuwenden. Das bedeutet: Die deutschen Behörden dürfen sich nicht länger darauf ausruhen, dass die Kanzlerin ja unaufgefordert „Mitbürgerinnen und Mitbürger“ sagt, sondern müssen in ihrer Sprache selbst aktiv nach männlichen oder weiblichen Formen suchen und sie aus dem Land jagen.

Ein Beispiel: „Führerschein“ geht nicht mehr, er muss künftig „Fahrausweis“ genannt werden. Aus dem Besucherparkplatz wird der Gästeparkplatz, aus der Mannschaft das Team. Seltsamerweise fliegt auch der Anfängerkurs raus, obwohl der doch eher männerdiskriminierend wirkt: Grundkurs soll er fortan heißen. Der Schweizer Fußgängerstreifen ist bereits in Zebrastreifen umbenannt worden, das ist für uns nichts Neues, allerdings bleibt offen, was aus der Fußgängerbrücke werden soll. Eine Zebrabrücke?

Das Beste am ganzen Projekt ist aber, dass auch die schönen alten Worte „Vater“ und „Mutter“ auf den Index geraten sind, weil sie offenbar die überkommenen Geschlechterrollen befestigen. Beide Personen sollen künftig „Elter“ heißen, was den Weg frei macht für schöne Sätze wie „Mein Elter ist älter als mein Elter.“ Für den Muttertag wird uns schon was einfallen.

Wir ahnen bereits, wie diese sprachliche Revolution den finalen Dammbruch zugunsten der unterdrückten Frauen auslöst, die, von der Schweiz ausgehend, ihre Ketten abwerfen, Europa mit Lehrstühlen für Gender Studies überziehen und die Diktatur des Matriarchats verkünden. Des Weibes Weh und Ach, so tausendfach, ist damit endlich aus einem Punkt kuriert, den Goethe nie geahnt hätte, aber der alte Gockel hatte ja auch keine Ahnung von geschlechtergerechter Sprache, nicht wahr?

Der nächste Schritt müssten die diskriminierenden Vornamen sein. Der/die Alm-Großelter darf dann selbstverständlich nicht mehr mit ihrer/seiner Enkelin Heidi in die Berge gehen, sondern muss sich was einfallen lassen. Aber was? Da ist guter Europarat teuer. Wir bitten dringend, dieses Problem auf die nächste Tagesordnung zu setzen.

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