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Militär-Airbus A 400 M: Europa kann’s nicht besser

Wie sich die Geschichten aus der europäischen Militärfliegerei doch gleichen. Sie verlaufen meist tragisch, mitunter komisch, dramatisch in jedem Fall.

Oft spielen Korruption und Geldverschwendung eine Rolle. Und das Ende kommt leider auch immer ähnlich daher: Die Storys plätschern aus, sind im letzten Kapitel verkrampft geschrieben, würgen sich zur letzten Seite, die Pointe fehlt. Und doch sprechen die Herren Geschichtsschreiber dann von einem Happy End. Weil das Werk ja verkauft werden muss.

Das war beim Mehrzweckkampfflieger Tornado so. Und beim „Jäger 90“, der, als er zum Jungfernflug abhob, schon derart nach Altmetall klang, dass er „Eurofighter 2000“ getauft wurde und jetzt, anno 2010, den Streitkräften Asiens schlicht als „Eurofighter“ verkauft wird. Und es wird auch dieser Tage so sein, wenn Vertreter des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS und Regierungsvertreter von sieben Staaten offiziell verkünden, dass sie sich endlich auf die Finanzierung des Militärtransporters Airbus A 400 M geeinigt haben – 18 Jahre nach Beginn der Planungen.

Auch diese Geschichte hatte einen enorm hohen Unterhaltungswert. Der bisherige Höhepunkt der Show spielte im Dezember unter dem blauen Himmel Andalusiens, wo Airbus den A 400 M endmontiert. Da drehte der mausgraue Prototyp mit Propellertriebwerken, die wie eine Reminiszenz an die Zeit der Rosinenbomber wirken, ein paar Runden. Airbus-Chef Tom Enders stand grinsend am Rollfeld, freute sich wie ein Kind, als der Flieger landete. Er hob den Daumen und sah zugleich so müde aus, als habe er selbst nächtelang daran geschraubt.

Tage später kam unter anderem heraus, dass eines der Triebwerke beim Jungfernflug ausgefallen war. Dann musste Enders tun, wofür er wirklich bezahlt wird: pokern, bluffen, drohen. In den Wochen danach verhandelte er persönlich mit Verteidigungsstaatssekretären der sieben Nationen, die den A 400 M bestellt hatten. Enders wollte für die 180 Flieger mindestens 5,2 Milliarden Euro mehr haben. Vereinbart worden war ein Festpreis von 20 Milliarden Euro. Gibt es nicht mehr Geld, drohte er, wird das Projekt eingestellt. Airbus und sogar die Muttergesellschaft EADS könnten sonst an dem Projekt zerbrechen, hieß es.

Das war Erpressung, sicher. Enders setzte die Jobs von 20 000 Arbeitnehmern aufs Spiel. Doch es blieb ihm nichts anderes übrig. Jetzt musste eine Entscheidung her. Dabei lässt sich nicht sagen, wer in der A 400 M-Geschichte der Gute und der Böse ist: die Airbusmanager, die das Projekt dahinplätschern ließen, ohne viel früher zu warnen, dass die Kosten aus dem Ruder laufen? Oder die Verteidigungspolitiker, die ihren Militärs erlaubten, immer längere Wunschlisten einzureichen, was der Flieger alles können sollen muss und auf keinen Fall darf? Und was ist mit den Lokalpolitikern, die darauf pochten, dass diese oder jene Komponente entgegen aller ökonomischen Vernunft in ihrer Region gefertigt wird?

EADS ist wie kein zweiter Konzern verwoben mit Europas Politik. Wenn es bei der Planung seiner Produkte knirscht und klemmt, spiegelt das die Tatsache wider, dass Europa weiter ein Gebilde aus Nationen und Regionen ist. Amerikaner und Russen ziehen ihre Rüstungsprojekte in der Regel einfach durch. Europa kann’s nicht besser. Insofern ist der A 400 M typisch europäisch: etwas lahm in der Herstellung, etwas teuer, aber grundsolide. Besser, die Geschichte endet so als gar nicht.

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