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Meinung: „Mir ist egal, ob ihr mich mögt“

Er hat Amerika provoziert, er hat Amerika seine Macht gezeigt, er hat vielen Schwarzen Hoffnung gegeben. Auf dem Höhepunkt seines Einflusses organisierte Louis Farrakhan, der zornige Führer der schwarzen Muslime, 1995 den „Million Man March“.

Er hat Amerika provoziert, er hat Amerika seine Macht gezeigt, er hat vielen Schwarzen Hoffnung gegeben. Auf dem Höhepunkt seines Einflusses organisierte Louis Farrakhan, der zornige Führer der schwarzen Muslime, 1995 den „Million Man March“. Er wurde zu einem der eindrücklichsten Symbole des Kampfes um Gleichberechtigung. Jetzt geht seine Ära nach 30 Jahren zu Ende. Farrakhan, inzwischen 73, kämpft gegen eine lebensbedrohliche Krankheit, Prostatakrebs.

Wer auch immer ihn ersetzt – sein Stabschef Leonard Muhammad, sein Sohn Mustafa Farrakhan, sein Leibarzt Abdul-Alim Muhammad –, wird eine konziliantere Politik einschlagen. 1975 hatte der Calypsosänger aus der New Yorker Bronx die Leitung der „Nation of Islam“ übernommen und die Bewegung auf einen konfrontativen Kurs eingeschworen, mit Aufrufen zur Gewalt gegen Juden und Christen. Die Schwarzen sollten sich absondern und unabhängig von der weiß dominierten Wirtschaft machen. Es war eine Zeit der Radikalisierung. Auch in der christlichen schwarzen Bürgerrechtsbewegung hatten nach der Ermordung Martin Luther Kings die Straßenkämpfer an Einfluss gewonnen.

Weiße, die Emanzipation und Integration unterstützten, klagten: Es sei tragisch, dass sich Schwarze immer die falschen Vertreter aussuchten; deren Radikalität verschrecke selbst Wohlmeinende. Seine antisemitischen Parolen hat Farrakhan zwischenzeitlich abgemildert, um nicht alle Brücken abzureißen. Aber am „Rettungstag“, den die „Nation of Islam“ im Februar feiert, griff er zu den alten Parolen, attackierte Juden und christliche Amerikaner: „Es ist mir egal, ob ihr mich mögt. Ich werfe euch den Fehdehandschuh hin.“

Die schwarze Elite setzt längst auf einen anderen Kurs: nicht aufs Lamento über die Sklaverei, die angeblich bis heute Grund für Misserfolg und hohe Kriminalitätsrate sei. Sondern auf Aufstieg aus eigener Kraft durch Bildung und Arbeit. Schwarze sind nicht mehr die einzige Minderheit, die sich über Diskriminierung beklagt, und bald auch nicht mehr die größte. Die Hispanics sind künftig mehr, die Asiaten besser organisiert. Sie machen vor, dass Aufstieg möglich ist. Die Schwarzen laufen Gefahr, im Vergleich abzurutschen auf der sozialen Skala. Ihre jüngeren Vertreter, wie Senator Barack Obama, suchen einen Teil der Ursachen in der eigenen Gruppe. Unter Farrakhans Nachfolger wird die „Nation of Islam“ wohl ebenfalls umdenken.

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