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Meinung: Mit Stolz zurück

Von Robert von Rimscha Wenn ein Politiker eine Neuigkeit zu verkünden hat, gibt er eine Pressekonferenz. Gerhard Schröder und Joschka Fischer traten am Dienstag gemeinsam auf.

Von Robert von Rimscha

Wenn ein Politiker eine Neuigkeit zu verkünden hat, gibt er eine Pressekonferenz. Gerhard Schröder und Joschka Fischer traten am Dienstag gemeinsam auf. Doch zu verkünden hatten sie nichts. Der Auftritt selbst war die Botschaft.

Als Duo, eng Seite an Seite, kamen der Kanzler und sein Vize die Treppe hoch; zum Ende griff Schröder Fischer an die Schulter, beide lächelten: Alles in Ordnung, wir verstehen uns, wir haben die richtige Mischung aus lockerer Atmosphäre und erfolgreicher Politik gefunden. So geht Rot-Grün die „Aufholjagd“ an, von der Fischer spricht. Die zur Schau gestellte Siegeszuversicht speist sich aus dem, wofür Kanzler und Außenminister stehen, die leicht schnoddrig präsentierte Selbstsicherheit Schröders und die visionäre Intensität Fischers.

Was Deutschland in der Welt mache, sei „entworfen vom Außenminister, vertreten und durchgesetzt von uns beiden“, meinte der Kanzler. Die Duettpartner im Gleichklang saßen auf jenen Stühlen, die seit Wochen Edmund Stoiber mit seinen Kompetenzlern besetzt. Auch dies war ein Signal. Beim eigentlichen Thema, der Außenpolitik, seien die Eckpfeiler so fest eingerammt, dass Horrorgemälde übertrieben wären, meinte der Kanzler über seinen Herausforderer. Nicht die Grundfesten der Rolle Deutschlands in der Welt würden sich unter Stoiber ändern, aber Ansehen und Wahrnehmung würden geschmälert.

Zweimal gestattete sich die rot-grüne Kompetenzspitze unverhohlenen Stolz. Die transatlantischen Beziehungen seien anders als früher „ausgezeichnet“, lobte sich Schröder. Die Konfliktprävention werde mehr und mehr auch in Washington zu einer Perspektive, freute sich Fischer. Am Wahrheitsgehalt vor allem der ersten Einschätzung sind Zweifel angebracht. Aber darum ging es nicht. Es ging um die Beruhigung der Deutschen: Bei uns seid Ihr in guten Händen. Und was droht, im Falle der Abwahl? Sieben Minuten brauchten die beiden, um vor Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus zu warnen, also den Weg in die Innenpolitik zu finden.

Und doch zeigte auch dieser so locker-lässig inszenierte Auftritt zweier Siegertypen, warum es mit dem Siegen diesmal so verdammt schwer wird. Auf Stoiber angesprochen sagte Schröder: „Wir sind ja kompetent, das brauchen wir nicht vorstellen, das haben wir gezeigt.“ Diesem kaum mit Inhalt gefüllten „Weiter so“ haftet etwas Defensives an, das dem reformerischen Impetus von Rot-Grün zuwider läuft. Der Opposition Miesmacherei vorzuwerfen, die Inkohärenz von renten- und gesundheitspolitischen Ideen aus der Union zu rügen – alles schön und gut. Gefährlich für Rot-Grün ist es aber, wenn die eigene politische Überlebensstrategie vergangenheitsbetont ist. So wie an diesem Dienstag.

Nicht von einem Lager-, sondern von einem Werte- und Richtungswahlkampf sprach Fischer. In einem Land, das zuallererst Problemlösungen erwartet, muss Rot-Grün noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Nicht bezogen auf die außenpolitische Leistungsbilanz – aber wie wollen Schröder und Fischer den Deutschen erklären, nur sie stünden für Reformen, Verlässlichkeit und Modernität? Auf diese Frage hatte das Duo keine Antwort.

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