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Meinung: „Mit uns wird der Kurs …

… noch westlicher.“ Litauisch spricht der Wahlsieger mit Akzent.

… noch westlicher.“

Litauisch spricht der Wahlsieger mit Akzent. Das immerhin hat Viktor Uspaskich, der nach einer weiteren Wahlrunde am 24. Oktober womöglich Regierungschef wird, mit Staatsoberhaupt Valdas Adamkus gemeinsam. Unterschiedlich ist freilich die Art des Akzents. Staatspräsident Adamkus, ein grundsolider Bildungsbürger, der 1997 nach fünf Jahrzehnten Exil mit großer Verwaltungserfahrung aus den USA heimkehrte, spricht mit amerikanischer Färbung – Uspaskich mit russischer. Der aus Sibirien stammende Multimillionär hat ein Vermögen dank enger Kontakte zum Energiekonzern Gazprom verdient, er kam Ende der 80er Jahre nach Litauen, man sagt ihm weiterhin enge Verbindungen zum Kreml nach.

Und so ein Mann kann im Baltikum, das doch angeblich durch die Furcht vor dem übermächtigen Nachbarn traumatisiert ist, Wahlen gewinnen? Das ist die erstaunliche Botschaft aus Litauen: Der Beitritt zu Nato und EU hat Litauen so selbstsicher gemacht, dass Demagogen mit dem Schreckgespenst Russland bei der Masse kaum noch punkten können, diese Ängste sind nur noch bei der national denkenden, bürgerlichen Oberschicht prägend. Was freilich nicht heißt, dass Litauen gegen Populismus immun wäre. Im Gegenteil, Uspaskich ist der lebende Beweis für den Erfolg unseriöser Wahlversprechen: Steuersenkung für Wirtschaft und Privatpersonen, höhere Renten und Sozialleistungen, staatliche Beihilfen für Bauern – ohne freilich zu sagen, woher er das Geld dafür nehmen will.

Vor einem guten Jahr erst hatte der 45-Jährige seine „Arbeitspartei“ gegründet, sie trat zum ersten Mal bei Wahlen an – und wurde stärkste Kraft. Geschickt hatte Uspaskich sich den Zorn der Massen auf die Korruption und „die da oben“ zunutze gemacht. Er verkörpert den erfolgreichen, volksnahen Praktiker aus der Provinz. Und er war klug genug, vor der Wahl demonstrativ Kontakt zu westlichen Botschaften zu suchen. Er gibt sich wirtschaftsliberal und unternehmerfreundlich. Sein Erfolg zeige, wie er sagt, „dass es keine Diskriminierung mehr gibt“.

Gewiss, heute bedrohen nicht mehr Spannungen mit der russischen Minderheit die Stabilität. Aber stabil ist die junge Demokratie noch nicht. Wenige Monate vor dieser Wahl setzte das Parlament den damaligen Präsidenten Rolandas Paksas ab – wegen enger Verbindungen zur Russenmafia und zu Moskaus Geheimdienst. Nach den vielen raschen Machtwechseln würde etwas verlässliche Kontinuität nicht schaden.

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