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Meinung: Nahost-Konflikt: Schießen - und warten auf Kairo

Am Tag nach dem Gipfel von Scharm el-Scheich wurde weiter geschossen. Das war zu erwarten.

Am Tag nach dem Gipfel von Scharm el-Scheich wurde weiter geschossen. Das war zu erwarten. Der vereinbarte Waffenstillstand soll ja erst 48 Stunden nach dem Treffen der Oberkommandierenden beider Seiten vom Mittwoch in Kraft treten - der Countdown läuft bis Freitagnachmittag.

Doch auch dann stehen die Zeichen nicht auf Waffenruhe. Die Heckenschützen sind weiter aktiv. Die Tanzim-Kommandanten Barghouthi und el-Sheikh haben die Fortsetzung der "Al-Akza-Intifada" bis zur Ausrufung des unabhängigen Staates Palästina mit Jerusalem als Hauptstadt angekündigt. Auf israelischer Seite verweigert Oppositionsführer Ariel Scharon eine Große Koalition als Notstandsregierung. Zuerst müsse Ministerpräsident Ehud Barak den Friedensprozess abbrechen. Scharon betreibt in Wahrheit den Sturz der Barak-Regierung. Das schwächt Baraks labile interne Position weiter. Gute Konjunktur also für die Extremisten hier wie dort.

Das Interesse der Palästinenser richtet sich derzeit weniger auf die Ergebniss von Scharm el-Scheikh, dessen Schlusserklärung beide Seiten, wie die Radikalen betonen, sowieso nicht unterschrieben haben, sondern vielmehr auf den Arabischen Gipfel am Wochenende in Kairo. Dort fällt die Entscheidung, wie es weitergehen wird. Abermals werden die Meinungen der moderaten arabischen Vermittler, des Ägypters Hosni Mubarak und des jordanischen Königs Abdullah, auf die der Hardliner, des Syrers Assad sowie des Libyers Muammar Gadhafi und des irakischen Diktators Saddam Hussein, prallen. Die Chancen, dass Mubarak sich als Gastgeber beider Gipfel durchsetzen kann, stehen nicht schlecht. Er hat in den letzten Wochen an Statur gewonnen.

Dann erst dürften die Kämpfe abflauen, vor dem Wochenende ist das unwahrscheinlich. Doch auch das nur unter zwei Bedingungen: Erstens muss Jassir Arafat Frieden wollen. Bislang ist Israels Führung überzeugt, Arafat habe vor den Unruhen eine strategische Entscheidung für den Kampf und gegen eine Verhandlungslösung getroffen. Zweitens müssen beide Seiten mit letzter Konsequenz gegen die Extremisten vorgehen. Islamistische Terroristen gehören ins Gefängnis, radikale israelische Siedler müssen entwaffnet und streng überwacht werden.

Beide, Jassir Arafat und Ehud Barak, haben Zivilcourage bewiesen, als sie bis vor kurzem trotz immer neuer Hindernisse auf dem Weg zum Frieden blieben. Dann aber haben sie ihn verlassen. Nun brauchen sie umso mehr Mut, um gegen die Friedensgegner durchzugreifen. Beide können ihr Ziel nur auf dem Weg des Kompromisses erreichen: den eigenen Staat für die Palästinenser, Sicherheit und Ruhe für Israel.

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