zum Hauptinhalt

Meinung: Nahost-Konflikt: Vorwärts - an den Verhandlungstisch

Die Chancen sind klein, die Gefahren groß: Wenn die EU tatsächlich eine tragende Rolle im Nahostkonflikt spielen will, dann ist äußerste Vorsicht am Platz und absolute Einigkeit - nach außen - gefordert. Joschka Fischer ist, anders als andere Außenminister von EU-Staaten, ein guter Kenner der Region.

Die Chancen sind klein, die Gefahren groß: Wenn die EU tatsächlich eine tragende Rolle im Nahostkonflikt spielen will, dann ist äußerste Vorsicht am Platz und absolute Einigkeit - nach außen - gefordert. Joschka Fischer ist, anders als andere Außenminister von EU-Staaten, ein guter Kenner der Region. Trotzdem wird seine Nahost-Mission den Frieden keinen Schritt näher bringen. Doch wenn es ihm gelingen sollte, den von manchen seiner Kollegen verwirrten Israelis und Palästinenser eine klare europäische Linie aufzuzeigen, dann hätte er vorzügliche Vorarbeit geleistet für ein nützliches EU-Engagement.

Die EU kann und will nicht an Stelle der USA als Vermittler im Konflikt Israel-Palästinenser auftreten. Die USA werden, ob George W. Bush dies will oder nicht, eine aktive Rolle übernehmen müssen. Vielleicht nicht ganz so aktiv - und aus palästinensischer Sicht so proisraelisch - wie unter Clinton, aber immerhin. Die EU kann und muss den USA Flankenschutz bieten - und ihr nicht mit eigenen Initiativen oder auf Bitten einer Konfliktpartei in den Rücken fallen.

Ganz klar ist in diesen Tagen geworden, dass Yasser Arafat keinen Waffenstillstand will, so lange er die Chance einer Internationalisierung des Konfliktes sieht. Und tatsächlich kommt er diesem Ziel immer näher. Die Stationierung von internationalen Truppen, seien es Beobachter oder zum Schutz der Palästinenser, rückt näher. Sie wird wohl trotz allem massiven Widerstand aus Tel Aviv letztlich unvermeidlich sein.

Nur: Wenn die EU jetzt beginnen sollte, wie andere Außenminister dies zumindest angedeutet haben, Arafat solche Truppen in Aussicht zu stellen, dann wird dem anhaltenden Blutvergießen nicht etwa Einhalt geboten - nein, es wird geradezu forciert. Fischer und die EU müssen, in Übereinstimmung mit dem Plan der internationalen Mitchell-Kommission, in der die EU prominent vertreten war, genau das tun, was die USA derzeit vergeblich versuchen: nämlich einen umfassenden Gewaltstopp durchzusetzen, also auch Yasser Arafat für einen Waffenstillstand zu gewinnen.

Es eilt. Joschka Fischer und, in der nächster Woche anlässlich des Deutschland-Besuches von Ariel Scharon, auch Bundeskanzler Gerhard Schröder müssen von Israel eine Verlängerung der gegenwärtigen militärischen Zurückhaltung fordern - von Scharon vollmundig offiziell zum "einseitigen Waffenstillstand" erhoben. Denn Scharon, der unter gewaltigem Druck von rechtsaußen steht, will diesen in einer Woche aufheben, wenn Arafat bis dahin nicht seinerseits einen Gewaltstopp angeordnet hat - was nicht in dessen Absichten liegt.

Dem Palästinenserführer muss klargemacht werden, dass es keine bedingungslose Unterstützung durch die EU geben kann. Vielmehr muss jede Hilfe an klare Vorbedingungen geknüpft werden: Vor oder zumindest mit dem totalen Siedlungsstopp, den auch die EU fordert, muss von Seite der Palästinenser der ebenso umfassende Gewaltstopp erfolgen. Das sieht der Mitchell-Plan vor, der nur als Einheit angenommen und umgesetzt werden muss, und aus dem sich nicht beide Seite herauspicken können, was ihnen gerade passt.

Genau das tun Scharon und Arafat derzeit. Natürlich verweisen beide auf den massiven Druck, dem sie im Inneren ihres jeweiligen Herrschaftsgebietes ausgesetzt sind. Doch wenn die USA und die EU sich genötigt sehen sollten, gemeinsam mit Gegendruck zu drohen, dürfte dies bei aller ideologischen Sturheit sowohl Scharon als auch Arafat genügen, um endlich wieder vorwärts machen - und zwar am Verhandlungstisch und nicht auf dem Schlachtfeld.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false