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Meinung: Nahost-Konflikt: Zeit schinden

Das Treffen zwischen Jassir Arafat und Shimon Peres wird eher früher als später doch noch stattfinden. Das weiß auch Ariel Scharon.

Das Treffen zwischen Jassir Arafat und Shimon Peres wird eher früher als später doch noch stattfinden. Das weiß auch Ariel Scharon. Und es wird keineswegs gemäß seinen unrealistischen Vorbedingungen abgehalten werden. Auch das weiß der israelische Regierungschef.

Es gibt mehr als eine Erklärung für Scharons Veto gegen das Treffen: Die zwar zurückgegangenen, aber immer noch anhaltenden palästinensischen Angriffe; der Versuch, Arafat als Terroristen und Wortbrüchigen bloßzustellen; der Unwille, einem amerikanischen Wunsch, der einem Diktat gleichzusetzen ist, nachzukommen; der massive Druck der Nationalisten, die mit einem Koalitionsaustritt drohen; der interne Kampf im "Nationalen Lager" um die politische Linie und um die Führung, die Benjamin Netanjahu ihm streitig macht.

Doch mit jedem Veto Scharons wird der wahre Grund seiner Verweigerungstaktik deutlicher: Er hat keinen politischen Plan, der über Schlagworte hinausgeht. Herrscht einmal Waffenstillstand, muss politisch verhandelt werden. Dann geht es nicht mehr um Bomben und Hinterhalte sondern um Siedlungsräumungen, Gebietsrückgaben, die Aufteilung Jerusalems, das Rückkehrrecht für Flüchtlinge, den Staat Palästina.

Nein kann Scharon derzeit noch sagen. Aber bald werden die Amerikaner zu drängen beginnen. Einmal am Verhandlungstisch, müsste Scharon seine defensive Taktik radikal ändern, will er nicht unter immensen amerikanischen und europäischen Druck geraten und als Friedensverhinderer dastehen. Deswegen verzögert Scharon, dankbar für jeden Tag, den er herausschindet.

Das neueste Nein zu einem Treffen Arafat-Peres war vorhersehbar. In Scharons Umgebung herrscht Entrüstung darüber, dass die USA Arafat und seine Autonomiebehörde in die Anti-Terror-Koalition aufnehmen wollen, während Israel außen vor bleiben soll - ein Albtraum. Entsprechend trotzig reagiert Scharon nun. Dabei könnte Israel von dieser Entwicklung durchaus profitieren. Denn ein Anti-Terror-Koalitionär Arafat wird gegen die eigenen Terroristen kompromisslos vorgehen müssen. Er wird "Hamas"-Kommandos stoppen, Terroristen des "Islamischen Jihad" verhaften und jede von seinem Gebiet ausgehende Gewalt verhindern müssen. Das liegt in Israels Interesse. Nicht aber unbedingt im persönlichen von Scharon. Solange gebombt, geschossen, gekämpft, Vergeltung geübt und liquidiert wird, reitet Scharon auf einer Popularitätswelle. Wird ihm keine politische Weitsicht und kein praktischer Plan abverlangt.

Der für seine Offensiven berüchtigte General "Arik" sieht sich nun als Regierungschef in die Defensive gedrängt und reagiert verunsichert, sprunghaft und unglaubwürdig. Den Preis dafür wird Israel zahlen müssen - mit internationaler Isolation und auch mit neuen Anschlägen und Opfern. Es sei denn, Scharon geht doch auf Arafat zu. Nur wenige trauen ihm dies zu. Anderseits haben sich viele negative Erwartungen bei seinem Amtsantritt als zumindest übertrieben, wenn nicht gar falsch herausgestellt.

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