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Meinung: Nahost: Vage Hoffnungen, dürre Fakten

Am Tag danach sieht man die Lage nüchterner. Joschka Fischers Erfolg nimmt sich auch am Mittwoch noch bedeutend aus.

Am Tag danach sieht man die Lage nüchterner. Joschka Fischers Erfolg nimmt sich auch am Mittwoch noch bedeutend aus. Palästinenser-Präsident Jassir Arafat und Israels Außenminister Schimon Peres werden sich nächste Woche treffen, das gilt als sicher. Dass dies in Berlin geschehen wird, wie von Arafat vorgeschlagen und von Israel nicht abgelehnt, ist weiterhin sehr wahrscheinlich. Die Aussichten, dass ihr Gespräch den erhofften Erfolg bringt - eine haltbare Waffenruhe - sind freilich eher gering. Und dies nicht nur deshalb, weil es in der Nacht nach Fischers Pendeldiplomatie zu den schwersten Schießereien seit langem kam.

Erstens demonstrieren Palästinenser und Israelis aus sehr unterschiedlichen Interessen ihre Bereitschaft zu einem Treffen - vielleicht in Berlin. Und zweitens belegen bizarre Indizien, wie tief die Kluft ist. Am Mittwoch stritten beide Seiten darüber, wie viele Tote es bei den nächtlichen Schießereien gegeben habe - allerdings mit vertauschten Rollen. Die Palästinenser, die sonst stets höhere Opferzahlen nennen, sprachen von "nur" vier Toten und vier Verletzten auf ihrer Seite. Israel von fünf Toten. Nordwestlich von Nablus in der autonomen Westbank hatte eine israelische Spezialeinheit Aktivisten von Arafats Fatah bei der Vorbereitung eines Bombenanschlags auf einer Zufahrtsstraße zu einer jüdischen Siedlung überrascht.

Prominente Palästinenser schildern die Lage als ziemlich hoffnungslos und erwarten wenig vom Treffen Arafat-Peres. Ähnlich sehen das israelische Spitzenpolitiker außerhalb der Regierung, wie der frühere Außenminister unter Barak, Schlomo Ben-Ami. Premier Scharon erteile Peres kein Verhandlungsmandat, mit dem sich ein Durchbruch erzielen lasse. Er darf nur über wirtschaftliche Erleichterungen für die palästinensische Zivilbevölkerung sprechen, falls es Fortschritte bei den Garantien für einen Waffenstillstand gebe. Das hatte Scharon auch Fischer gesagt - und gefordert, der deutsche Außenminister solle Druck auf Arafat ausüben, die Gewalt zu stoppen. Von der Vorbedingung für Gespräche - sieben Tage ohne Anschläge - werde er "um keine Minute" abgehen, unterstrich der Regierungschef. Das ist auf absehbare Zeit praktisch unmöglich - selbst wenn Arafat den ausdrücklichen Befehl erteilen sollte. Peres möchte deshalb den umfassenden Waffenstillstand schrittweise erreichen: über örtliche und regionale Waffenstillstände.

Die Palästinenser wollen zudem endlich wissen, wie es nach einem Waffenstillstand mit den Verhandlungen weitergeht. Doch Scharon lehnt es ab, seine Pläne zu enthüllen. Oder er hat keine, wie seine Kritiker argwöhnen. Ein Interimsabkommen ohne weitergehende Aussichten ist für Arafat zu wenig.

Doch auch im Westen wollen nicht alle einen schnellen Erfolg. US-Außenminister Colin Powell hat Fischer gratuliert. Aber in Israel heißt es, Washington sehe ein Treffen Arafats mit Peres in Europa ungern. Die USA wollen sich ihre Stellung als Hauptvermittler nicht streitig machen lassen. In Übereinstimmung mit Scharon lehnen sie politische Verhandlungen, wenn noch geschossen wird, strikt ab.

Und dann wurde auch noch kolportiert, Schimon Peres werde am nächsten Dienstag so oder in Berlin sein, weil er einen Medienpreis erhalte. In Berlin kann das niemand bestätigen. So viele Gerüchte. Frieden schließen kann man jedoch nur, wenn man Fakten schafft - auf die man sich dann auch verlassen kann.

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