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Nahost: Vorbild Gaza

Übernimmt die islamistische Hisbollah nun die Kontrolle über Libanon, so wie die Hamas den Gazastreifen militärisch übernommen hat? Die Parallelen sind offensichtlich: Durch beide Gesellschaften geht ein tiefer politischer Riss. Der Konflikt wird von außen angeheizt – vermittelt wird dagegen nicht.

In beiden Fällen werden die islamistischen politischen Gruppen von den USA und vom Westen boykottiert, während das gegnerische Lager finanziell und politisch unterstützt wird. Im Libanon ist dies die handlungsunfähige Rumpfregierung von Fuad Seniora, in den Palästinensergebieten die Fatah-Regierung von Mahmud Abbas.

Die Islamisten wiederum werden vom Iran und von Syrien unterstützt. Gaza und Beirut sind damit Schauplätze von Stellvertreterkonflikten, in denen sich die USA sowie Iran und Syrien kompromisslos gegenüberstehen. Die ausländische Unterstützung erklärt auch die halsstarrige Unnachgiebigkeit der lokalen Protagonisten. In beiden Fällen reagierten die Islamistengruppen auf provokantes Vorgehen der Gegenseite, das existenzbedrohend war: in Gaza auf die Aufrüstung der gegnerischen Fatah-Milizen; im Libanon auf die Entscheidung der Regierung, das interne Kommunikationsnetz der Hisbollah zu schließen und der Bewegung damit ihre Schlagkraft zu nehmen. Und in beiden Fällen sind die islamistischen Milizen der Gegenseite unbestritten überlegen, können aber keine politische Lösung herbeiführen.

Trotz dieser Parallelen wird das Zukunftsszenario im Libanon anders aussehen als in den Palästinensergebieten: Die Hisbollah weiß, dass sie nicht den gesamten Libanon kontrollieren kann. Von einer Abtrennung des schiitisch dominierten Südens will Hisbollah auch nichts wissen. Weder die Islamisten-Bewegung noch der Iran wollen einen Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten heraufbeschwören, der die Spannungen in der gesamten Region verstärken würde. Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah wollte ein Signal senden: Wagt es nicht, unsere Macht oder unsere Legitimität zu beschneiden, lautet die Botschaft. Dies war seit jeher eine rote Linie, welche auch die Regierung Seniora bisher nicht überschritten hat.

So wurde die UN-Resolution zur Entwaffnung aller Milizen bisher nicht umgesetzt. Und die Regierung hat im Streit um das interne Kommunikationsnetz der Hisbollah bereits Einlenken signalisiert. Kann sich die Hisbollah hier durchsetzen, wird sie ihre Kämpfer aus Westbeirut wohl wieder abziehen.

Die politische Pattsituation ist damit nicht beendet. Sie dauert seit dem Auszug der oppositionellen Minister aus der Regierung im November 2006 an. Im Gegenteil: Die Hisbollah und ihre Hintermänner haben noch einmal deutlich gemacht, dass sie keine Veränderung der Machtbalance zu ihren Ungunsten zulassen. Und dass gegen ihren Willen im Libanon nichts läuft. Dieses Signal richtet sich an Washington. Und hier gibt es wieder eine Parallele zu Palästina: Solange die Konfrontation zwischen den USA sowie Iran und Syrien andauert, solange der Boykott der Islamisten fortgesetzt wird, gibt es keine Lösungen in den Stellvertreterkonflikten.

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