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Wohin bloß? Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes tragen ein Schild mit dem Nato-Logo durch das Pressezentrum.

© dapd

Nato-Konferenz: Deutschland spielt die Triangel

Der Affront: Warum die Nato-Konferenz für Deutschland ein Debakel war.

Es war einmal eine kühne deutsche Regierung. Brutal brach sie mit der transatlantischen Solidarität, suchte den Schulterschluss mit Russland und Frankreich, verhinderte eine Einigung im UN-Sicherheitsrat, spaltete Europa in Alt und Neu, brüskierte den Partner in Washington und delegitimierte den dann folgenden Krieg. Damals war Gerhard Schröder Bundeskanzler, Joschka Fischer Außenminister und George W. Bush Präsident der Vereinigten Staaten. Zum Krieg im Irak sagte Deutschland laut Nein.

Zur Nato-Intervention in Libyen sagt Deutschland heute halblaut Jein. Weiß nicht. Sehr kompliziert. Im Prinzip nicht falsch, aber auch nicht richtig. Man muss abwarten, politische Lösungen suchen. Als die völkerrechtliche Grundlage der „Odyssee Morgendämmerung“ im UN-Sicherheitsrat beschlossen wurde, enthielt sich Deutschland der Stimme. Nun mag man Schröders Kurs damals richtig oder falsch gefunden haben, eines muss man ihm konzedieren: Er war riskant, ja mutig.

Angela Merkels Kurs dagegen zeugt von Feigheit. Wenn die Bundesregierung die Intervention falsch findet, soll sie es sagen und ihre Bedenken vortragen. EU und Nato sind als Bündnisse stark genug, um Divergenzen und Debatten zu verkraften. Peinlich aber ist ein Gedruckse, das getrieben ist von dem Wunsch, sich Hintertüren offenzuhalten, falls die Sache schiefgeht. Es gibt Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Wer sich ihnen mit einem beherzten Sowohl-als-auch entzieht, verzichtet auf den Anspruch, weiterhin ernst genommen zu werden. Der einzige Trost: Weder für den UN-Sicherheitsrat noch die Nato war Deutschlands Haltung wichtig. Schröders Nein zum Irakkrieg war relevant, Merkels Enthaltung zu Libyen ist irrelevant.

Aber taugt das wirklich als Trost, oder macht es die Sache nicht eher schlimmer? Mitten in die Konferenz der Nato-Außenminister in Berlin hinein ohrfeigten nun drei der Gäste – USA, Großbritannien, Frankreich – den Gastgeber Guido Westerwelle derart schallend, dass diesem die Ohren noch im Schlaf klingen werden. In einem gemeinsamen Zeitungsbeitrag für die britische „Times“, den französischen „Le Figaro“, die „Washington Post“, die „International Herald Tribune“ und die englischsprachige „Al-Hayat“ priesen am Freitag Barack Obama, David Cameron und Nicolas Sarkozy die UN-Resolution 1973, zu der sich Deutschland enthalten hatte, als „historisch“.

Historisch dürfte auch ein solcher Affront sein. „Ausgestattet mit einem beispiellosen völkerrechtlichen Mandat“, schreiben die Vertreter der drei Mächte süffisant weiter, sei die Nato dem libyschen Volk „in der Stunde der Not“ zu Hilfe geeilt und habe „Zehntausende von Menschenleben gerettet“. Das Dokument endet mit dem Gelübde: „Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Staaten werden nicht ruhen, bevor die UN-Resolution erfüllt ist und das libysche Volk über seine eigene Zukunft bestimmen kann.“

Und Deutschland? Fehlt. Es ist nicht isoliert oder auf Abwegen. Nein, ärger: Im Bereich der globalen Außen- und Sicherheitspolitik spielt das Land im Konzert der Mächte allenfalls noch die Triangel. Und das in Berlin, vor heimischem Publikum. Für Deutschland war die Nato-Konferenz eine in dieser Wucht seltene Blamage.

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