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Meinung: Nicht mobil genug – im Kopf Von Corinna Visser

Siemens gibt auf. Die Handysparte, ein Verlustbringer seit langem, wird nicht saniert, sondern einfach verkauft.

Siemens gibt auf. Die Handysparte, ein Verlustbringer seit langem, wird nicht saniert, sondern einfach verkauft. Der Elektronikkonzern trennt sich von einem wesentlichen Teil seiner Kommunikationssparte, verabschiedet sich aus einem zukunftsträchtigen und wachstumsstarken Markt. Und der Standort Deutschland verliert wieder einen Teil seiner HightechProduktion. Kann man Mobiltelefone in Deutschland also gar nicht profitabel produzieren? Ist die Konkurrenz in Asien unschlagbar? Wettbewerber von Siemens beweisen jeden Tag, dass das nicht stimmt. Nokia ist der größte Hersteller von Mobiltelefonen weltweit. Neun Produktionsstätten hat Nokia auf der ganzen Welt, eine ist in Bochum. Aber auch die weltweite Nummer zwei, der US-Konzern Motorola, verzichtet nicht darauf, Handys auch in Deutschland zu produzieren – mittendrin in einem der größten Mobilfunkmärkte Europas, nahe am Kunden.

Die Mitarbeiter im Siemens-Handywerk haben im vergangenen Jahr weitreichende Zugeständnisse an die Konzernführung gemacht. Die drohte damals, die Arbeitsplätze nach Ungarn zu verlagern. Dass die Mitarbeiter nun so kostengünstig arbeiten wie ihre Kollegen in Ungarn hat ihnen nichts genützt. Wie auch. Die Kunden haben Siemens-Handys nicht verschmäht, weil der Preis nicht stimmte, sondern weil Siemens viele technische Trends verschlafen hat. Mit Neuheiten – Farbdisplay, Kamera, Handys der dritten Generation (UMTS) – kam Siemens zu spät auf den Markt. Wer aber zu spät kommt, kann für die gleiche Leistung nicht mehr so viel Geld verlangen wie der Erste am Markt. Die Mitarbeiter haben ihren Beitrag geleistet, die Lohnstückkosten sind gesunken. Das Management jedoch hat versagt. Nur billig zu sein reicht nicht, um erfolgreich zu sein. Man muss auch Ideen haben. Viel mehr als die Lohnkosten zu drücken ist dem Management seit dem vergangenen Jahr nicht eingefallen. Auf einen Umsatz von fünf Milliarden Euro zu verzichten, weil man nach der Prüfung aller „strategischen Optionen“ das Problem einfach nur loswerden will, ist ein Armutszeugnis – und ein strategischer Fehler: Mobilfunktechnik steckt heute nicht nur in Handys, sonderen auch in immer mehr Maschinen. Keine gute Idee, das Knowhow dazu aus der Hand zu geben.

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