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Meinung: Niveau ist von Wert

Von Stephan-Andreas Casdorff

Der Kampf um die Begriffe zwischen den Volksparteien Union und SPD hat begonnen – auf einem Anfangsniveau, das hoffen lässt. Matthias Platzeck, der SPD-Chef, hat sich inhaltlich zu Wort gemeldet und neben allem Sphärischen doch zweierlei ganz klar gemacht: Er sieht sich außenpolitisch in der Nachfolge Schröders, darum hat er dessen Antikriegskurs zur Errungenschaft erklärt, zu einer Hinterlassenschaft, die tradiert werden muss. Und er sieht in Gerechtigkeit und Solidarität das Feld zukünftiger Auseinandersetzung. Wenn Platzeck damit Ernst macht, dann muss sich die Union, die sich ihrerseits in kurzer Zeit radikal sozialdemokratisiert hat, mehr einfallen lassen, als so zu reden wie der Wettbewerber. Das hat jetzt für die CDU in dankenswerter, ja sympathischer Offenheit Ole von Beust deutlich gemacht, der Hamburger Bürgermeister.

Mag auch polit-philosophisch immer gesagt werden, nicht die Taten bestimmten das Bewusstsein der Wähler, sondern die Worte über die Taten – wer innerhalb weniger Monate derart unterschiedlich redet wie die CDU, der lenkt geradezu zwangsläufig das Interesse der Wählerschaft auf das, was nach den Worten kommt. Ganz ohne Inhalte wird es nicht gehen, übrigens dann auf beiden Seiten nicht. Die Fragen werden höchst praktisch sein. Oder anders: Die Wahrheit ist konkret, Genosse, um Angela Merkel zu zitieren, als sie noch Oppositionsführerin war und das Land reformerisch umkrempeln wollte. Mindestlohn und Gesundheitspolitik und die Folgen von Hartz – da wartet noch einiges, das erledigt werden muss, das eine eingeführt gegen alte Vorurteile, anderes abgeschafft gegen überholte Vorstellungen. Aber wie? Das wird interessant zu sehen sein. Und daran werden sich die Unterschiede offenbaren.

Vom Kleinen ins Große, gewissermaßen. Wenn die CDU noch weiter auf die SPD zukommt, ihr noch näher rückt, um die politische Mitte wieder neu für sich zu definieren, dann wird es der SPD gelingen müssen, herauszuarbeiten, wie viel davon ihr Verdienst ist; und der Union noch mehr abzunehmen von den bisherigen Positionen, so dass es wirklich jedem auffällt. Das ist harte, längerfristige Arbeit, die gute Nerven verlangt. Die CDU wiederum muss deshalb rasch ihre große Linie nachziehen. Ihr Weltkongress jetzt könnte günstiger nicht kommen. Für sie – und in der Folge für die SPD. Es beginnt Selbstvergewisserung allerorten. Entscheiden wird das Niveau.

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