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Matthias Oloew

© Thilo Rückeis

Auf den Punkt: Nur kurz ärgern

Matthias Oloew zum Streit um das Dach des Berliner Hauptbahnhofs

Es ist kürzer als es sein solle, aber zu kurz ist es nur in den seltensten Fällen - das Dach des Berliner Hauptbahnhofs. Die wenigsten ICEs sind nämlich so lang, dass die Züge vorn und hinten herausgucken. Nur lauter ist der Bahnhof geworden, weil das kurze Dach weniger Lärm schluckt. Es gibt also weniger funktionale als ästhetische Gründe, das Dach in seiner ursprünglich geplanten Form zu bauen, denn derzeit ist der Bau eine verstümmelte architektonische Skulptur.

Mehr aber auch nicht. Der Makel wird jedoch nicht mehr zu sehen sein, wenn, wie geplant, in fünf Jahren der schöne, teure Bau rundherum von Häusern umstellt ist. Daher wären 53 Millionen Euro Baukosten und eine monatelange Unterbrechung des Verkehrs auf der Ost-West-Achse durch die Stadt nicht nur unangemessen, sondern ärgerlich. Klaus Wowereit und alle Bundespolitiker, die jetzt das lange Dach bauen lassen wollen, hätten rechtzeitig intervenieren müssen, als Bahnchef Hartmut Mehdorn das Dach kappen ließ, um den Bau voranzutreiben und zur Fußball-WM 2006 zu eröffnen. Doch damals fehlte ihnen der Mut.

Kosten hat die Verkürzung nicht gespart, Zeit auch nicht, aber dennoch ist das Geld heute anderswo sinnvoller eingesetzt. Zum Beispiel in eine Sanierung der Bahnstrecke nach Dresden, wo die Züge wegen maroder Gleise durch Landschaft eher schaukeln statt fahren. Oder in die Sanierung des maroden Bahnhofs Duisburg. Das kurze Dach am Berliner Hauptbahnhof ist ein Ärgernis; aber eines mit dem Berlin, die Bahn und ihre Kunden leben können.

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