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Obamas Gesundheitsgipfel: Prügel gibt es ohnehin

Obama muss die Demokraten überzeugen, um eine Gesundheitsreform durchzusetzen. Reicht seine Autorität, damit sie ihm folgen?

Was für ein dramatisches und lehrreiches Schauspiel! Präsident Obamas Gesundheitsgipfel mit Republikanern und Demokraten brachte natürlich keine Annäherung. Wer Kompromisse sucht, die allen Schmerzen bereiten, tut das besser im Stillen: Laufende Kameras laden dazu ein, ideologisch überhöhte Fensterreden zu halten.

Die Debatte klärte jedoch die Fronten für alle, die im lauten Streit um die komplizierte Materie nicht mehr durchschauen. Es gibt einen unüberbrückbaren sachlichen Dissens und gegensätzliche Machtinteressen. Beide Lager wissen, dass eine Reform kommen muss, um die Kostenexplosion zu begrenzen. Demokraten setzen auf staatliche Eingriffe und wollen die Gelegenheit nutzen, um etwa 30 Millionen der rund 47 Millionen Unversicherten einzubinden. Die Republikaner sagen, nur ein freierer Wettbewerb der privaten Anbieter werde die Kosten senken. Da das System schon heute zu teuer sei, könne Amerika es sich nicht leisten, die Unversicherten auf Steuerkosten mitzuversorgen. Obama braucht einen Erfolg vor der Kongresswahl im Herbst, die Republikaner wollen das unbedingt verhindern.

Idealtypisch zeigten sich die Unterschiede zwischen Amerikas Präsidialsystem und deutscher Demokratie: Die Demokraten haben eine Mehrheit im Kongress, Obama kann aber nicht auf Fraktionsdisziplin bauen. Die Macht seiner öffentlichen Rede reicht allerdings weiter als die der Kanzlerin. Schwer vorstellbar, dass die deutschen Sender eine sechsstündige Gesundheitsdebatte übertragen. In Deutschland verliefe sie freilich kaum so unterhaltsam und lehrreich. Obama moderierte und dominierte. Er redete 119 Minuten, zwei Dutzend Demokraten teilten sich 114, zwei Dutzend Republikaner 110 Minuten. Obama sprach die Parlamentarier mit Vornamen an, sie sagten ehrerbietig „Mr. President“. Seine Neigung, die Aussagen der anderen zu bewerten, ging hart an die Grenze zur Arroganz.

Auf republikanische Hilfe kann Obama nicht hoffen. Er muss die Demokraten überzeugen. Reichen die Debattenhoheit, die er demonstrierte, und seine Autorität, damit sie ihm folgen? Manche scheuen zurück, ein Ja kann sie im Herbst ihren Job kosten. Die Mehrheit der Bürger will eine Reform, aber diese Reform geht ihnen zu weit. Obamas letzter Appell: Die Demokraten werden bei der Wahl in jedem Fall Prügel beziehen. Es sei besser, für eine überfällige Reform als fürs Nichtstun bestraft zu werden.

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