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Öffentlich-rechtliche Intendanten: Sesselschieben im Seniorenheim

Bei ZDF, SWR und MDR stehen Chef-Wahlen an. Die Anzahl der Kandidaten ist nicht größer als in Nordkorea, ein Reflex auf die sinkende Relevanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Bewerbungen schreiben, das ist jetzt des Gebührenzahlers erste Pflicht. Das ZDF sucht noch bis 17. Juni einen Nachfolger für Intendant Markus Schächter. Den Finger gehoben hat bislang nur ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut. Auch beim Südwestrundfunk war die Chefstelle ausgeschrieben, gemeldet für die Wahl am kommenden Freitag hat sich allein Amtsinhaber Peter Boudgoust. Beim Mitteldeutschen Rundfunk hört Intendant Udo Reiter auf. Reiter wurde viermal wiedergewählt, was die Neigung des MDR-Rundfunkrates zu einer wilden Wahlschlacht gegen null gehen lässt.

Noch nie war das öffentlich-rechtliche Intendantenamt so wenig begehrt wie heute. Das ist ein Reflex auf die sinkende Relevanz des Rundfunks von ARD und ZDF. Viele ihrer Programme finden bei Zuhörern und Zuschauern in der Zielgruppe der Unter-49-Jährigen gar nicht mehr statt. Wie soll da, beispielsweise, ein Jungdynamiker aus den Reihen der Privatsender auf die verwegene Idee kommen, er könnte als Programmintendant mehr bewegen als aufgeregtes Sesselschieben im Seniorenheim?

Die Wahlgremien in den ARD-ZDF-Anstalten passen ausgezeichnet ins Programmbild. Von ihrer Aufgabe, ihrem Selbstverständnis her müssten sie alarmiert sein. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der sich in der Gebührenpflicht aller Bürger und in der Nachfrage vor allem älterer Zuschauer eingerichtet hat, der kommt früher als gedacht vor die Grundsatzfrage: Warum gibt es euch überhaupt noch in dieser Form?

Ein Wechsel an der Senderspitze wäre so ein Weckruf, ein Signal, das durch eine engagierte Suche nach Kandidaten, intensive Auswahl und überzeugende Wahl mehr erreicht werden soll als gemeinschaftliches Kaffeetrinken mit der Senderspitze. Beim ZDF wird der Fernsehrat jenen zum Intendanten wählen, den sie bereits als Programmdirektor kennengelernt haben. Beim SWR bestätigen sie jenen, mit dem sie schon als Intendanten kuscheln. Leichter machen es sich nur noch die Nordkoreaner. Die wählen gar nicht, da geht es per Erbfolge von Kim zu Kim zu Kim.

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