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Meinung: „Offen und transparent ...“

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... und ein erfolgreicher großer Schritt hin zur Demokratie.“

Als das tunesische Innenministerium vor vier Jahren den Ausgang der Präsidentschaftswahlen so bezeichnet hat, war das schon eine Farce. Amtsinhaber Ben Ali hatte gerade erstaunliche 99,42 Prozent eingefahren, und auch sein Sieg bei den Wahlen vom Sonntag ist mit angeblich 94,5 Prozent nur unwesentlich geringer ausgefallen. Doch der 68-jährige Staatschef muss sich keine Sorgen machen, von der westlichen Welt jetzt als Wahlfälscher bezeichnet zu werden. Dazu gibt der ehemalige Geheimdienstchef viel zu gerissen den angeblich liberalen Präsidenten, der dem Land nach eigener Darstellung Stabilität vor dem Islamismus, wirtschaftliche Prosperität und für ein islamisches Land freizügige Frauenrechte brachte. Vor allem aber Touristen, denen es an den Stränden Djerbas oder in den Ruinen von Karthago nicht so wichtig ist, wie wenig Demokratie und Freiheit in dem als Reiseziel wunderschönen nordafrikanischen Land herrschen.

Wie bei Dauerpotentaten in der Region üblich, begann auch die Amtszeit Ben Alis mit einem Putsch. Als sein Vorgänger, der Staatsgründer und „Präsident auf Lebenszeit“ Habib Bourguiba mehr und mehr vergreiste, sah der aus einer einflussreichen südtunesischen Familie kommende Premier seine Chance gekommen: Im Herbst 1987 setzte er den 84-jährigen Bourguiba in einem als „Jasminrevolution“ verklärten Putsch per ärztlichen Attest ab. Als Hoffnungsträger galt er daraufhin nur kurz. Besonderes Augenmerk fand seine Wahlrechtsreform von 1989, die den Titel „Präsident auf Lebenszeit“ abschaffte, dem Staatsoberhaupt nur drei Amtszeiten erlaubte und eine Altersbegrenzung von 70 Jahren vorsah.

Wie so viele andere innenpolitische Versprechungen kassierte Ben Ali auch diese. In einem gefälschten Referendum ließ er vor zwei Jahren die Altersbegrenzung auf 75 Jahre anheben und die Amtszeitbeschränkung gleich ganz abschaffen. Damit kann der Präsident, dessen Familienclan von Exilzeitungen eine immer ungeniertere Korruption vorgeworfen wird, bis 2014 im Amt bleiben. Da der Westen mit Ben Ali gute Geschäfte macht und ihn als Garant gegen islamistische Umtriebe in der Region braucht – und da es in Tunesien selber niemanden gibt, der die Stimme gegen ihn erheben kann, wird Ben Ali wohl bleiben. Mit gutem Gewissen: Schließlich wäre er auch 2014 noch sechs Jahre entfernt von den 84 Jahren seines geschassten Vorgängers.

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