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Künftig wird jeder per Brief gefragt, ob er oder sie im Zweifel Organe spenden würde.

© dpa

Organspende: Der eigene Wille muss gelten

Künftig sollen sich alle Krankenversicherten, die älter als 16 sind, zur Organspende erklären. Jeder hat das Recht, sich zu verweigern. Und keiner, der sich nicht äußert, wird automatisch Spender. Dieser Grundsatz muss unbedingt weiterhin gelten.

Wo gerettet wird, wird immer auch gestorben. Das ist eine Tatsache, die beim Werben um mehr Transplantationsbereitschaft oft zu kurz kommt. Und Sterben ist mehr als das Überleben und Gerettetwerden ein sensibles Thema. Wer tot ist, kann sich nicht mehr kümmern, sich nicht mehr wehren. Braucht er ja auch nicht, er ist ja tot. Könnte man sagen. Aber hat man damit das ungute Gefühl vertrieben, das einen bei der Vorstellung beschleicht, nicht in der Hand zu haben, was mit einem post mortem geschieht?

Bevor man stirbt, regelt man Angelegenheiten – in seinem Sinne und im Vertrauen darauf, dass dem entsprochen wird. Der letzte Wille gilt. An diesem Grundsatz rüttelt das neue Transplantationsgesetz. Nur ein bisschen, aber es ist trotzdem nicht gut. Besonders deshalb nicht, weil es so alles das, was an berechtigtem Anliegen damit angestrebt wird, gefährdet.

Im neuen Transplantationsgesetz wird dem Paragrafen 14 ein neuer Absatz mit der Ziffer 2a hinzugefügt. Demzufolge können die Daten des Organspenders, der sich nicht anders geäußert hat, weitergegeben werden, wenn „das öffentliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens die schützenswerten Interessen der betroffenen Person überwiegt“. Es geht bei diesen Daten, das muss man deutlich sagen, um die Daten des toten Organspenders. Dennoch. Man wollte in Deutschland auf keinen Fall die Widerspruchslösung, wie sie in Österreich oder Spanien gilt: Wer nicht widerspricht, gilt als Organspender.

Weil man im Nichtwiderspruch kein Einverständnis sieht. Und macht es dann im Kleinen doch – im Sinne eines öffentlichen Interesses an Forschungsvorhaben. Es mag dabei um sinnvolle Medikamente für die Transplantierten gehen, aber das ändert nichts an der Diagnose: Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Auch in diesem Fall nicht. Ein Gesetz, das Hilfe von Mensch zu Mensch regelt, sollte nicht so klingen, als helfe es ganz am Rand dann auch mal der Pharmawirtschaft.

Der Verdacht ist ein gutes Argument für diejenigen, die in dem ganzen Transplantationsbusiness schon immer eine undurchsichtige, profitorientierte Industrie sahen, die sich im Zweifel über die Interessen des Einzelnen hinwegsetzt. Die schnell für tot erklärt, wer noch nicht tot ist, um Transplantationsstatistiken zu optimieren. Die sich eben nicht um das Menschenwohl schert, sondern um ihr eigenes, um ihr Forschungsinteresse.

Etwa 12000 Patienten warten derzeit dringend auf ein Spenderorgan. Der Organspender, darauf muss immer wieder hingewiesen werden, ist also ein dringend benötigter Zeitgenosse. Er gibt im Wortsinn sein Innerstes, um zu helfen. Man sollte ihm respektvoll begegnen und nicht nach dem Motto: Jetzt gibt der schon seine Leber her, da werden ihm seine Daten auch nicht so wichtig sein. Das schürt Misstrauen, wo viel dringender Vertrauensbildung nötig ist.

Dabei enthält das neue Gesetz richtige Neuerungen. Es ist gut, dass künftig jeder über 16 Jahren zu seiner Transplantationsbereitschaft befragt wird, auf dass er sich jetzt schon der Frage stellt: Was, wenn ich sterbe? Damit werden auch das Ausweichen und das Verschieben einer Antwort zu einem bewussteren Akt. Das Gesetz hält weiter fest: Jeder hat das Recht, sich der Organentnahme zu verweigern. Und keiner, der sich nicht äußert, wird automatisch Spender. Darauf muss man vertrauen können. Und das hätte besser – im Sinne des Themas – auch für die Weitergabe von Daten gegolten.

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