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An diesem Freitag beginnt der Parteitag der Piraten. Ämter sollen gewählt werden und innerparteiliche Querelen beigelegt werden.

© dpa

Piratenpartei Deutschland: Parteitag mitten in der Krise

An diesem Freitag beginnt der Parteitag der Piraten. Aber sind die Piraten überhaupt eine Partei? Dazu fehlt ihnen einiges, meint Werner van Bebber. Sie müssten sich auf machen durch die Mühen der Ebene in der Landespolitik. Davon aber ist nicht zu erkennen.

Sie haben es nicht geschafft. Die Piraten nennen sich Partei, doch ernst genommen werden sie vier Monate vor der Bundestagswahl nicht – oder eher: nur von der Netzgemeinschaft. Zwei oder drei Prozent der Wähler sprechen sich in Umfragen für die Piraten aus. Das hat nichts mehr mit dem 16-Prozent-Hype vor einem Jahr zu tun, der dem Berliner Wahlerfolg 2011 gefolgt war. Die Piraten nennen sich Partei und beginnen an diesem Freitag ihren Bundesparteitag, doch ihnen fehlt sehr viel von dem, was eine Partei ausmacht: vor allem der Wille, mehr als die Interessen einer Gruppe zu vertreten.

Noch immer wirken sie eher wie eine Bewegung als wie eine Partei. Es ist, gewiss doch, die große Bewegung derer, die im Netz mehr als ein Medium sehen – eine Kraft, die die Welt verändert. Dass das Internet enorme Kraft hat, wird niemand im Ernst bestreiten – und schon gar keiner, der in den Medien arbeitet. Trotzdem gibt es noch Unterschiede zwischen den Leuten, die im Netz unterwegs sind – und denen, für die es mehr ist als ein Medium, eher schon die ganze Welt.

Aber hatten nicht auch die Grünen diesen monomanischen Zugang zur Politik? Haben die Grünen, die letzte erfolgreiche Parteigründung, nicht eine einzige Idee über alles gehoben – Umwelt, Ökologie, begrifflich schön unscharf – und die Politik von dort aus erobert? Bei den Grünen haben sich Bewegte vieler Richtungen zusammengefunden, Umwelt-, Anti-Atomkraft-, Friedens-, Frauenbewegte. „Grün“ – das wurde ihr Überbau. Sie mögen es ein bisschen leichter gehabt haben, weil sie über Jahre Bedeutung und Gewicht aufbauen konnten statt als Politleichtgewichte vom Medienhype in die Höhe gerissen zu werden, ohne fliegen zu können. Vor allem haben die Grünen, anders als die Piraten, Politik als ein Ganzes verstanden, das im Sinn der Ökologie zu verändern sei. Bei allen fundamentalistischen Debatten wollten sie: mitmachen, langfristig wirken. Deshalb sind sie mehr geworden als eine Generationenpartei der Fischers, Roths und Trittins.

Politische Inhalte mögen sich verändern (auch das haben die Grünen erlebt: von wegen Pazifismus und deutsche Soldaten in Afghanistan) – die Form, in der man politisch arbeitet, hat auch Bedeutung für den Erfolg. Die Piraten haben im siebten Jahr ihrer Geschichte Inhalte und Form noch nicht zusammenbringen können. Sie sind Partei mit allem, was dazugehört: einem Gründungsdatum, einem Grundsatzprogramm und einer Jugendorganisation. Sie sehen aus wie eine Partei, aber sie haben sich in den vergangenen beiden Jahren, während sie sich vor Aufmerksamkeit kaum retten konnten, selbst relativiert. Ihre Ideen und Forderungen jenseits dessen, was mit dem Datenfluss und Datenschutz oder dem Kopierschutz zu tun hat, waren zu leicht in den Politdiskurs einzupflegen. Inzwischen hat sich der Bundesnachrichtendienst Transparenz verordnet, und schon vor zwei Jahren hat die Berliner CDU ihr Wahlprogramm im netzbasierten Dialog mit Parteifreunden und Wählern entwickelt.

Über Transparenz und die Nutzung des Netzes im Politbetrieb hinaus verbindet man indes nicht viel mit den Piraten. Je breiter ihr Programm wird, desto flacher erscheint es im linken Mainstream. Mag sein, dass sie noch eine nicht bloß internetfähige Form von nachhaltiger und zeitgemäßer Politik erfinden. Wenn sie den Weg der Grünen gehen – die Mühen der Ebene in der Landespolitik –, dann sollten zum Beispiel bei den Berliner Piraten erste Anzeichen zu erkennen sein. Davon ist nichts zu sehen.

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