zum Hauptinhalt

PORTRÄT ANDREA RICCARDI KARLSPREISTRÄGER 2009:: „Wir werden eine freundliche Kraft sein“

Man nennt sie die „Vereinten Nationen von Trastevere“ – dies aber nicht nur nach dem Stadtteil von Rom, in dem die „Comunità di Sant’Egidio“ ihren Sitz hat, sondern auch nach der Vielzahl der Nationalitäten, die dort, in dem engen, alten Kloster, aus- und eingehen, und nach den beständigen politisch-menschlichen Vermittlungen, die in dieser Klosterstille stattfinden.Sant’Egidio, das ist eine ebenso fromme wie effiziente Vereinigung katholischer Laien mit weltweit etwa 50 000 Mitgliedern.

Man nennt sie die „Vereinten Nationen von Trastevere“ – dies aber nicht nur nach dem Stadtteil von Rom, in dem die „Comunità di Sant’Egidio“ ihren Sitz hat, sondern auch nach der Vielzahl der Nationalitäten, die dort, in dem engen, alten Kloster, aus- und eingehen, und nach den beständigen politisch-menschlichen Vermittlungen, die in dieser Klosterstille stattfinden.

Sant’Egidio, das ist eine ebenso fromme wie effiziente Vereinigung katholischer Laien mit weltweit etwa 50 000 Mitgliedern. Sie wirkt zum einen als soziale Hilfsorganisation – sei’s für die Roma in den Slums von Rom, sei’s für Aidskranke in Afrika –, zum anderen als kirchlich-politische Nichtregierungsorganisation, die es schafft, verfeindete Staaten an einen Tisch zu kriegen. Durch den Friedensschluss im Bürgerkrieg von Mosambik 1992 ist Sant’Egidio schlagartig bekannt geworden.

Heute treffen sich in Trastevere beispielsweise auch israelische und palästinensische Politiker; Vertreter verfeindeter Gruppen im Libanon, in Algerien, im Kosovo, in Uganda oder Burundi reden miteinander, „abseits der diplomatischen Hauptstraßen“, wie es heißt; zu den jährlichen Friedensgebeten der Gemeinschaft, zuletzt im November auf der immer noch geteilten Insel Zypern, reisen Würden- und Entscheidungsträger aller Weltreligionen an. Auch für den Friedensnobelpreis ist Sant’Egidio schon vorgeschlagen worden.

Gegründet hat das alles der 58 Jahre alte römische Zeit- und Kirchengeschichtler Andrea Riccardi. Noch zu Gymnasialzeiten, im Jahr 1968, scharte er Gleichaltrige und -gesinnte um sich, um die christliche Friedensbotschaft umzusetzen. Heute ehrt ihn das Aachener Karlspreiskomitee als einen „großen Europäer“ und als „herausragendes Beispiel zivilgesellschaftlichen Engagements“. Für alle, die nach einem konkreten Beitrag Riccardis zum Aufbau eines gemeinsamen Europa fragen, zitiert ihn das Komitee mit den Worten: „Vereint, als in der Verschiedenheit vereinte Europäer, werden wir in der heutigen Welt eine freundliche und solide Kraft sein: eine Quelle der Menschlichkeit.“

Der Preis wird am Feiertag Christi Himmelfahrt verliehen; Riccardi wird ihn am 21. Mai 2009 in Aachen in Empfang nehmen. Seine unmittelbare Vorgängerin ist Angela Merkel, aber auch Konrad Adenauer, Helmut Kohl, Roman Herzog und Václav Havel haben die Ehrung erhalten, die seit 1950 als die renommierteste ihrer Art in Europa gilt. Paul Kreiner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false