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PORTRÄT: „Bei mir werden Erinnerungen wach“

Kulturstaatsminister Bernd Neumann will Polens Regierung dazu bewegen, beim Gedenken an die Vertriebenen mitzumachen. Ein Porträt

Das liegt ihm, was Bernd Neumann da am morgigen Dienstag vollbringen muss: zwischen zwei ungleichen Partnern moderieren, möglichst geräuschlos. Nur, dass es diesmal nicht um CDU und SPD geht oder um die Hauptstadt und den Bund, sondern um die störrischen Polen, die lange einfach nicht begreifen wollten, wie wichtig das doch ist mit dem Gedenken an die deutschen Vertriebenen. Gemeinsam mit dem außenpolitischen Chefberater der Kanzlerin macht er sich nun also nach Warschau auf, um zu erklären, was es mit dem „sichtbaren Zeichen“ in Berlin zum Vertriebenengedenken so auf sich hat – und um Polens Regierung zum Mitmachen zu bewegen.

Jahrelang zanken Deutsche und Polen nun schon um ein „Zentrum gegen Vertreibungen“, und nie war die Gelegenheit besser für ein Ende des Streits. Das liegt zum einen an der großen Koalition, die auf Drängen der SPD das Gedenken an Flucht und Vertreibung zu einer staatlichen Aufgabe gemacht und damit die konzeptionelle Verantwortung in die Hände des Bundes gegeben hat, nicht an die in Polen untragbare Präsidentin des Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach. Zum anderen hat sich – nicht zuletzt deshalb – in Warschau der Wind gedreht: Wer dieser Tage dort mit „Geschichtspolitikern“ spricht, hört auf einmal viel Verständnis für das Projekt. „Jedes Volk muss seiner Taten, aber auch seiner eigenen Opfer gedenken“, sagt etwa der Sejm-Abgeordnete Pawel Zalewski, und selbst prominente Vertreter der deutschlandkritischen Kaczynski-Partei PiS zucken nur noch mit den Schultern.

Der entspanntere Ton ist auch das Ergebnis monatelanger Vorsondierungen auf beiden Seiten, und hier konnte Bernd Neumann mit eigenen Erfahrungen punkten. Der Kulturstaatsminister, 1942 im westpreußischen Elbing geboren und als Kind selbst mit seinen Eltern auf der Flucht, ist als langjähriger Bremer CDU-Chef engagierter Verfechter der Städtepartnerschaft der Hansestadt mit Danzig. Zudem hat er als enger Vertrauter des in Polen hochgeschätzten Ex-Kanzlers Helmut Kohl Verständnis für polnische Ängste einer Umschreibung der Geschichte.

Nur eines wird Neumann wohl nicht mitnehmen: Eine aktive Mitarbeit Warschaus an dem Projekt. Von dem Ziel, Polen hier um jeden Preis (mitunter auch über die Köpfe der dortigen Politiker hinweg) einbinden zu müssen, rückt dieser Tage auch die deutsche SPD langsam ab.

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