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PORTRÄT DIETER HUNDT ARBEITGEBERPRÄSIDENT:: „Sie sollen keine neuen Wohltaten verteilen“

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ist der Kragen geplatzt: Das Betreuungsgeld hält er für "absurd", die Abschaffung der Praxisgebühr für einen "schweren Fehler". Wer sanieren will, dürfe keine Geschenke verteilen.

Nur noch Fußball wäre ihm zu wenig gewesen. Zwar hat er immer mal wieder Anstalten gemacht, die Berliner Bühne zu verlassen. Aber das war halbherzig. Dieter Hundt ist immer noch da. Der ewige Präsident der Arbeitgeberverbände wird nächstes Jahr im September 75, und kurz darauf, im November, endlich abtreten. Vielleicht aber auch nicht. Denn es wird immer schwieriger, Unternehmer für Ehrenämter in Berlin zu finden. Die Herrschaften müssen Zeit und ein dickes Fell haben, diplomatische Fähigkeiten sind hilfreich, ebenso makroökonomisches Verständnis und ein Schuss Eitelkeit.

Seit 16 Jahren ist Hundt das Gesicht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Wer erinnert sich noch an Dieter Murmann, den Vorgänger? Dass Hundt noch da ist, fällt in diesen Tagen besonders auf, da er die Beschlüsse des Koalitionsausschusses kommentiert: Betreuungsgeld? „Absurd“. Abschaffung der Praxisgebühr? „Schwerer Fehler“. Geschenke für den Wähler muss der Arbeitgeberpräsident ablehnen. „Wer die Staatsfinanzen sanieren will, darf keine neuen Wohltaten verteilen.“

Etwas überraschend ist die Wortwahl, mit der er die schwarz-gelbe Wunschkoalition angeht. Hundt ist kein Schreihals und kein Polterer – aber die Enttäuschung über die dilettierende Merkel-Truppe ist enorm. Mehrmals hat ihm die Kanzlerin eine gesetzliche Klarstellung des Prinzips der Tarifeinheit zugesichert, um gruppenegoistisches Agieren von Spartengewerkschaften und Streiks zu erschweren. Nichts ist passiert. Vor einer schlecht koordinierten Energiewende hat Hundt immer wieder gewarnt. Vergeblich.

Dieter Hundt, in Esslingen am Neckar geboren, verkörpert das deutsche Verbandswesen. Als Verhandlungsführer der Arbeitgeber verständigte er sich einst mit Walter Riester von der IG Metall über die Einführung der 35-Stunden- Woche. Hundt, über viele Jahre geschäftsführender Gesellschafter des Maschinenbauers Allgaier, war immer ein Anhänger von Mitbestimmung und Flächentarif. Ein Freund des offenen Dialogs, berechenbar und kein Winkeladvokat. Hundt ist Verbandsmensch und – ein Fußballfreak. Einst als Spieler bei den Grashoppers in Zürich, später als Aufsichtsrat beim VFB Stuttgart. Vielleicht reicht ihm das bis Ende 2013, und er tritt tatsächlich ab. Aber vermutlich gibt es ja eine neue Regierung. Da kann ein erfahrener Arbeitgeberpräsident nicht schaden. Alfons Frese

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