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PORTRÄT GÖNÜL HALAT-MEC RECHTSANWÄLTIN: „Wir sind die Mehrheit“

Dass sie Anwältin wurde, lag gewissermaßen in der Natur der Sache: Schon als Jugendliche musste Gönül Halat-Mec Eltern, Verwandte und Bekannte zum Amt, zur Behörde oder zur Bank begleiten, weil sie so gut Deutsch sprach.

Die Eltern waren Ende der 60er Jahre aus Erzurum in Ostanatolien nach Deutschland gekommen, arbeiteten als Gastarbeiter am Fließband. Die Tochter – inzwischen eine 42-jährige Fachanwältin für Familienrecht in Frankfurt am Main – wird jetzt als künftiges Mitglied der Islamkonferenz gehandelt.

Die personelle Neubesetzung, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) heute in Berlin bekanntgeben will, soll vor allem „praxisorientiert“ ausgerichtet sein. Sein Ziel: Weniger Diskussionen um Werte, mehr konkrete Ergebnisse für das Zusammenleben mit Muslimen in Deutschland.

Gönül Halat-Mec passt zu diesem Vorhaben. Der Islam gehört zu ihrem Alltag. Über die Hälfte der 450 Fälle, die sie jährlich mit ihren zwei Mitarbeiterinnen betreut, betreffen türkisch- und arabischstämmige Familien. Es geht um familiäre und ausländerrechtliche Angelegenheiten. So stapeln sich auf ihrem Tisch die Probleme der Einwanderungsgesellschaft in Form von Akten. Nicht selten hat sie es mit Frauen zu tun, die weder lesen noch schreiben können.

Zusammen mit der Zahnärztin Ezhar Cezairli, die bisher Teilnehmerin der Islamkonferenz war, hat sie die „Frankfurter Initiative progressiver Frauen“ gegründet. Eine Gruppe säkularer, muslimischer Akademikerinnen, für die Themen wie Kopftuch, Moscheebau und islamischer Religionsunterricht längst nicht so vorrangig sind wie Bildung und Chancengleichheit für den Nachwuchs in Einwandererfamilien.

Der Islam wird laut Halat-Mec öffentlich zu stark mit kopftuchtragenden, unterdrückten Frauen in Verbindung gebracht. „Für mich bedeutet das Kopftuch kein Bekenntnis zum Islam“, sagt sie, „Religion ist für mich Privatsache“. Gegen die Kopfbedeckung bei erwachsenen Frauen habe sie zwar nichts, „aber es ist wichtig, dass auch säkulare Musliminnen wahrgenommen werden“. Die seien schließlich in der Mehrheit.

Halat-Mec ist im Rheingau aufgewachsen, die Türkei ist für sie das Land ihrer Väter, das sie gerne besucht. Vom Islam, der ihr Leben in Deutschland geprägt hat, hat sie vor allem die Grundwerte übernommen, die sie auch ihren Kindern weitergeben will. Ihr soziales Engagement etwa. Ferda Ataman

Ferda Ataman

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