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PORTRÄT: „Ich bin mit dem Geist der 68er durchtränkt“

Die "Lindenstraße" bekommt Zuwachs. Familie Stadler zieht ein. Schauspieler Philipp Sonntag ist "Opa Adi" und soll das Alter Ego des Regisseurs Hans W. Geißendörfer sein.

Original und Fälschung – eine Bildunterschrift auf der Website der „Lindenstraße“ hält sich mit Mutmaßungen über den Neuzugang bei Deutschlands bekanntester Familienserie Nummer nicht lange auf. „Lindenstraße“-Erfinder Hans W. Geißendörfer hat sich mit „Adi Stadler“ alias Philipp Sonntag ein Alter Ego in die Seifenoper schreiben lassen. „Ich habe sogar eine Zeit lang überlegt, ob ich Adi Stadler selbst spiele“, soll Geißendörfer gesagt haben. Tatsächlich, eine gewisse Ähnlichkeit besteht. So weit ist es mit dem Altlinken, Dauermützenträger, Regisseur und Produzenten Geißendörfer im 23. Jahr seiner „Lindenstraße“ dann aber doch nicht gekommen. Schön für Philipp Sonntag, der es sich ab diesen Sonntag, ARD, 18 Uhr 50, als Opa Adi zusammen mit der vierköpfigen Familie Stadler in der Lindenstraße 3 gemütlich machen kann; Tür an Tür mit den Beimers, Zenkers und Sarikakis, all den vertrauten Gestalten. Mit der linksgerichteten Studentenbewegung kann sich Sonntag im Gegensatz zu Geißendörfer ohnehin nur teilweise identifizieren: „Ich bin nicht auf Demonstrationen rumgelaufen, bin aber mit dem Geist der 68er durchtränkt.“

Bislang ist der 1941 in Niederschlesien geborene Schauspieler einem größeren Publikum eher aus der TV-Kinderreihe „Das feuerrote Spielmobil“ bekannt, die in den 70er Jahren Kultstatus hatte. Seit Folge 405 mimt der leidenschaftliche Zeichner einen Bürgermeister in der ARD-Telenovela „Sturm der Liebe“. Und 2004 wurde der Kabarettist mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. Humor wird Philipp Sonntag bei seinem neuen Engagement auch brauchen. Die „Lindenstraße“, 1985 gestartet als erste wöchentliche Endlosserie des deutschen Fernsehens und mit zahlreichen Themenskandalen (Aids, Inzest, Atomstrom-Boykott) öfter in den Schlagzeilen, ist in die Jahre gekommen. Von über zehn Millionen Zuschauern ist Geißendörfers Lieblingsprojekt auf 3,5 Millionen Zuschauer abgesackt, vom Anspruch, die beste Unterhaltung zu sein, die nicht verdummt, weit entfernt. Vielleicht helfen ja Zugezogene: Mit einem Alt-68er-Opa und zwei äußerst hübschen Töchtern will der Westdeutsche Rundfunk auf die Zukunftsthemen Kinder und demografischer Wandel setzen. Ob dem Philipp Sonntag allerdings lange wird beiwohnen können … Geißendörfers Schreiber haben dem allzu fidelen „Lindenstraßen“-Senior gleich eine schwere Krankheit mit auf den Weg gegeben: Diabetes. Markus Ehrenberg

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