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Porträt Jürgen Grossmann RWE-CHEF: "Deutschland droht eine Ökodiktatur"

Das Wort Dinosaurier fällt häufiger, wenn es um den Chef des zweitgrößten deutschen Energiekonzerns RWE geht. Im April hat Jürgen Großmann den Negativpreis des Umweltverbands Nabu höchstpersönlich abgeholt und gesagt, die Dinosaurier hätten die Erde 165 Millionen Jahre beherrscht.

Das Wort Dinosaurier fällt häufiger, wenn es um den Chef des zweitgrößten deutschen Energiekonzerns RWE geht. Im April hat Jürgen Großmann den Negativpreis des Umweltverbands Nabu höchstpersönlich abgeholt und gesagt, die Dinosaurier hätten die Erde 165 Millionen Jahre beherrscht. Im Vergleich dazu sei der Mensch eine „Eintagsfliege“. Doch vor wenigen Tagen sagte Umweltminister Norbert Röttgen (CDU): „Unternehmen, die sich außerhalb dieses Konsenses stellen, werden das Schicksal der Dinosaurier teilen und aussterben.“ Er nannte RWE nicht direkt, aber gemeint hat er den Essener Konzern.

Jürgen Großmann hat wie kein anderer im vergangenen Sommer für die Laufzeitverlängerung gekämpft. In der Nacht der Entscheidung haben Großmann und sein Kollege Johannes Theyssen, Chef des Eon-Konzerns, mehrfach die Handy-Nummer der Kanzlerin angewählt, um noch in der Kabinettsklausur zum Energiekonzept ihre Interessen zu vertreten. Doch jetzt steht Großmann ziemlich alleine da. Das neue Energiekonzept, ohne Kernenergie, wird gerade unter Ausschluss der Atomkonzerne ausgehandelt.

Vermutlich hat Großmann gar nicht damit gerechnet, dass seine Warnung vor der Ökodiktatur, die er jetzt beim CDU-Wirtschaftsrat abfeuerte, noch Wirkung haben würde. Trotzdem kämpft er weiter. Während Greenpeace den Atomausstieg 2015 für möglich hält, forderte Großmann 2025 als Schlussdatum, das über Dreijahrespläne flexibel gehalten werden solle. Interessant daran ist, dass nur noch zehn Jahre zwischen Greenpeace und Großmann liegen.

Womöglich ist Großmann selbst gar nicht so überzeugt davon, dass die Atomenergie noch eine Zukunft hat. Die Entscheidung, gemeinsam mit Eon in Großbritannien zwei neue Meiler zu errichten, ist gerade verschoben worden. Aber Großmann hat ein Problem: RWE hat erst vor wenigen Jahren angefangen, in erneuerbare Energien zu investieren. Er braucht die Gewinne aus abgeschriebenen Atom- und Braunkohlekraftwerken, um seinen Konzern in Richtung Zukunft zu steuern. Ohne diese Einnahmen könnte der Tanker RWE endgültig auf Kollisionskurs mit der Wirklichkeit sein. Und die ist erneuerbar.

Alle vier großen Energiekonzerne tun sich mit den neuen Realitäten schwer. Aber am schwersten tut sich RWE. Und niemand weiß das besser als Großmann, dessen Vertrag übrigens im kommenden Jahr ausläuft. Dagmar Dehmer

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