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PORTRÄT MICHEL MARTELLY PRÄSIDENT HAITIS:: „Wir werden allen Haitianern dienen“

Der neue Präsident singt hauptberuflich, hat Marihuana und Crack geraucht, halbnackt auf der Bühne Sexszenen nachgestellt. Beim Medizinstudium flog der Sohn eines Angestellten gleich nach dem ersten Semester von der Uni, in seiner kurzen Zeit als Soldat schwängerte er die Nichte eines Generals und brannte mit einer amerikanischen Freundin in die Staaten durch, wo er in einem Supermarkt jobbte.

Der neue Präsident singt hauptberuflich, hat Marihuana und Crack geraucht, halbnackt auf der Bühne Sexszenen nachgestellt. Beim Medizinstudium flog der Sohn eines Angestellten gleich nach dem ersten Semester von der Uni, in seiner kurzen Zeit als Soldat schwängerte er die Nichte eines Generals und brannte mit einer amerikanischen Freundin in die Staaten durch, wo er in einem Supermarkt jobbte. Sein Leben verbringt der Mulatte zwischen Haiti und Palm Beach, Florida. Klavierspielen lernte er nach Gehör, in seinen Liedern macht er sich gerne über Politiker lustig, sein jüngster Clip heißt „Bandi legal“ („legaler Gauner“). „Prezidan“, Präsident, so nennen ihn seine Fans schon seit 15 Jahren. Den aktuellen Staatschef Préval zählt er ebenso zu seinen Freunden wie einen wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilten Polizeichef der Militärdiktatur.

Das Image eines Rebellen hat der glatzköpfige Michel Martelly säuberlich gepflegt – obwohl er mit 50 schon raus ist aus dem Alter, und auch seine seit 25 Jahren andauernde Ehe mit vier Kindern dem etwas widerspricht. Doch damit traf „Sweet Mickey“ – sein Künstlername – den Nerv seiner Landsleute, die nach Jahrzehnten autoritärer, inkompetenter Herrscher die Nase gestrichen voll haben von allem, was nur entfernt als Politiker daherkommt.

Von Transparenz und Offenheit redet Martelly gerne, und davon, dass er mit gutem Beispiel vorangehen will. Wer seine Kampagne, die sieben Millionen Dollar gekostet haben soll, finanziert hat, will er jedoch nicht enthüllen. Berichte des „Miami Herald“, wonach er tief verschuldet ist und drei seiner Häuser in den USA beschlagnahmt wurden, quittierte er einsilbig mit einem Verweis auf die „Finanzkrise“ und „schlechte Manager“.

Ideologisch lässt sich Martelly nicht festlegen, seine Versprechen verorten ihn irgendwo zwischen Mitte und rechts: Die Trinkwasserversorgung will er verbessern, Häuser bauen, die Schulen und Hospitäler verbessern, Tourismusinvestoren anlocken und dafür sorgen, dass alle Landsleute genug und billig zu essen haben. Haiti müsse effizient geführt werden wie ein Unternehmen, sagt er gerne. Sein extravagantestes Versprechen hingegen wird er nicht einlösen können. Wenn er Präsident werde, spiele er nackt auf dem Dach des Präsidentenpalasts, hat er vor vielen Jahren in einem Interview gesagt. Der Palast liegt seit dem Erdbeben vom Januar 2010 in Trümmern. Sandra Weiss

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