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PORTRÄT: Präsidten Tadic: „Serbiens Ruf ist nicht länger befleckt“

Serbien Präsident will sein Land in die EU führen. Nach der Auslieferung von Radko Mladic ist er seinem Ziel nähergekommen.

Der Mann traut sich was. Boris Tadic nimmt es mit den alten Seilschaften des Slobodan Milosevic auf – und konnte jetzt seinen zweiten großen Erfolg verkünden. Nach der Festnahme von Radovan Karadzic 2008 ist nun auch der wohl brutalste Scherge der Jugoslawienkriege, Ratko Mladic, hinter Schloss und Riegel. Und Serbien steht damit praktisch vor der Tür der Europäischen Union. Dafür werden Tadic vor allem die jungen Serben, die mit den nationalistischen Parolen der Veteranen nichts anfangen können und endlich herauswollen aus der Isolation, dankbar sein. Tadic selbst ist Teil dieser Generation. 1958 in Sarajewo geboren, wuchs er in Belgrad auf, wo er später Sozialpsychologie studierte und sich der Opposition gegen das Milosevic-Regime anschloss. Gemeinsam mit Zoran Djindjic gründete er die Demokratische Partei und machte politische Karriere. Und er verfolgte den proeuropäischen Kurs seines Freundes weiter, als dieser 2003 ermordet wurde.

Djindjic hatte es 2003 als Präsident gewagt, Slobodan Milosevic an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag auszuliefern. Seine Ermordung war ein Racheakt der alten Machtclique. Es ist ein offenes Geheimnis in Belgrad, dass sie weiter großen Einfluss hat, in der Wirtschaft und den Sicherheitsdiensten. Viele sehen in ihr eine Art Mafia, die eigentliche Macht im Hintergrund. Nur so ist es auch zu erklären, dass Ratko Mladic so lange unbehelligt in Serbien untertauchen konnte. Ob Tadic seinen Aufenthaltsort kannte, wie immer wieder vermutet wurde, ist gar nicht wichtig. Entscheidend ist vielmehr, dass er es ein weiteres Mal gewagt hat, durchzugreifen, die Schattenmacht infrage zu stellen.

„Ein schwieriger Abschnitt unserer Geschichte ist beendet und Serbiens Ruf nicht länger befleckt“, verkündete der Präsident am Donnerstag vielleicht ein wenig zu pathetisch in einer Pressekonferenz. Er sagte es wohl vor allem an die Adresse der EU, die eine Verhaftung von Mladic zur Bedingung einer weiteren Annäherung gemacht hatte. Diese Beharrlichkeit hat sich nun ausgezahlt. Und sie sollte den Europäern eine Lehre sein. Politische Nachsicht – siehe Rumänien, Bulgarien oder das Kosovo – führt nur selten zu positiven Veränderungen, klare Vorgaben dagegen schon. Doch Vorsicht: Auch Tadic bewegt sich letztlich nur, wenn es gar nicht mehr anders geht. Und gegen die Korruption und organisierte Kriminalität in Serbien konnte er bisher nur wenig recht ausrichten. Ulrike Scheffer

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