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Porträt: „Sie wollen ihn durch das Eis rutschen lassen“

Robert Amsterdam, der Anwalt von Michail Chodorkowski, kämpft gegen Russland und Putin.

Vor vier Jahren, am 25. Oktober 2003, als um 5 Uhr morgens Moskauer Zeit sein Flugzeug zum Betanken in Nowosibirsk landete, wurde Michail Chodorkowski, der Vorstandsvorsitzende von Russlands größtem Ölkonzern Jukos, in Haft genommen. Seitdem hat Robert Amsterdam, der kanadische Anwalt, einen neuen Klienten. Amsterdam, so hieß es einmal in einer Zeitung, sei einer der wenigen Anwälte weltweit, die gut darin sind, „sich einen Staat vorzunehmen, wenn der Staat sich wie ein Krimineller“ aufführt. Doch Chodorkowski sitzt immer noch in Haft, und Amsterdam kämpft noch immer mit dem Staat, der den Ölmanager in ein sibirisches Lager gesperrt hat: Russland. Vielleicht weil auch die erfolgreichen Treffer wie jüngst das Schweizer Urteil, das den Russen den Zugriff auf Chodorkowskis Konten in der Schweiz untersagt, noch lange kein Knockout gebracht haben, schlägt der 51jährige Amsterdam zunehmend härter. Wladimir Putin sei kein neoimperialer Stratege, dem es um ein ruhmreiches Russland gehe, sondern ein Gangster, ein billiger Dieb, und alle, die sich mit ihm einlassen, seien „Komplizen der Kerkermeister meines Klienten“. Und damit meint der schwergewichtige Anwalt auch den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder.

2005 hat er Chodorkowski, der zu den reichsten Männern Russlands gehörte, zum letzten Mal gesehen. Der sitzt nun in einer Zelle in der Strafkolonie IK-10 in Kransnokamesk, mal alleine, mal mit einem anderen Häftling. Die weltweite Verteidigungsschlacht, die Amsterdam wieder einmal nach Berlin geführt hat, nehme Chodorkowski jedoch wahr – auch wenn er das Interview seines Anwalts im ZDF kaum gesehen haben wird. Im Lager läuft nur sibirisches Fernsehen.

Ein Oligarch, sagt Amsterdam, sei sein Klient nie gewesen, im Gegenteil, er habe dem Land politisch helfen wollen, und ohne Chodorkowski wäre Jukos niemals so wertvoll geworden. „Was der Kreml Chodorkowski später stahl, war nicht, was er ihm Jahre zuvor verkauft hatte.“

Jetzt, nach Verbüßung der Hälfte der Strafe, könnten die russischen Behörden den Häftling entlassen. Stattdessen, sagt Amsterdam, werde ein weiteres Strafverfahren vorbereitet. Das Ziel sei es, Chodorkowski zu einer noch längeren Haftstrafe zu verurteilen und ihn dann irgendwann in Sibirien „durch das Eis rutschen zu lassen“. Das, sagt Robert Amsterdam, möchte er verhindern. Moritz Schuller

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