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© dpa

PORTRÄT TIMOTHY F. GEITHNER: "Ich hatte meine Steuern nicht korrekt bezahlt"

Für die Kabarettisten ist es ein Fressen: ein Finanzminister, der die Steuerämter beaufsichtigt und zugeben muss, dass er seine Steuern nicht korrekt bezahlt hat. Normalerweise wäre der Rücktritt fällig, jedenfalls in den USA.

Es geht um rund 43 000 Dollar. Außerdem hatte er kurzzeitig eine Haushaltshilfe, die nicht über die nötigen Papiere verfügte. Timothy F. Geithner ist noch nicht Finanzminister, er soll es erst werden. Zieht er seine Kandidatur zurück? Über ähnliche Dienstmädchenaffären – der formale Vorwurf lautet: Beschäftigung von Schwarzarbeitern – stolperte Bill Clintons Justizministerkandidatin Zoe Baird und George W. Bushs Arbeitsministerkandidatin Linda Chavez.

Doch nach Rücktritt sieht es nicht aus. Barack Obama kämpft um Geithner. „Es war ein unschuldiger Irrtum. Er hat ihn korrigiert.“ Sogar die Republikaner stimmen in den Chor der Verständnisvollen ein. Bisher hat keiner von ihnen im üblichen parteipolitischen Reflex Geithners Rückzug gefordert. „Er ist hochqualifiziert“, sagen die Konservativen. Allenfalls fällt hier und da der Nachsatz, vor der Abstimmung im Senat wolle man sich die Umstände genauer ansehen.

Manche spotten, so ansteckend sei der überparteiliche Geist der Kooperation, den Obama versprochen hat. Tatsächlich liegt es an der Einsicht, wie tief die Finanz- und Wirtschaftskrise ist. Niemand möchte die Neubesetzung an der Spitze des Finanzministers hinauszögern. Und der 47-Jährige bringt mehr Wissen über die Lage mit als jeder andere denkbare Kandidat. Er leitete seit 2003 die US-Bundesbankfiliale in New York und bildete mit Bundesbankchef Ben Bernanke und Bushs Finanzminister Henry Paulson das Trio, das das 700 Milliarden teure Rettungspaket entwarf.

Zudem hat weder die Steuerfahndung noch ein findiger Reporter Geithners Fehltritte aufgedeckt. Obamas Team brachte sie ans Licht. In Auftrag des künftigen Präsidenten durchsuchen Rechtsanwälte die Lebenswege aller Regierungskandidaten penibel auf Umstände, die zum politischen Problem werden können. Sie prüften auch Geithners Steuerunterlagen. 2006 hatte Geithner 23 000 Dollar Steuern für 2003, 2004 nachgezahlt; die Behörden bescheinigten ihm, er sei nichts mehr schuldig. Obamas Leute rechneten weiter zurück und kamen auf einen Fehlbetrag von 26 000 Dollar für 2001, 2002. Geithner hat sie bezahlt und danach die Medien von sich aus informiert. Auch das trägt zur Milde bei. Christoph von Marschall

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