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Porträt: "Unabhängige werden diskriminiert"

Wer ist Ralph Nader, dritter Kandidat in den USA? Der US-Korrespondent des Tagesspiegels, Christoph von Marschall, stellt ihn vor.

Er ist der Mann, der Amerika und der Welt den Präsidenten George W. Bush beschert hat: Der grüne Verbraucheranwalt Ralph Nader trat 2000 als dritter Kandidat an und erreichte 2,4 Prozent der Stimmen, vor allem auf der Linken. Sie fehlten Al Gore. Wäre Nader nicht angetreten und hätten seine 96 837 Wähler in Florida, dem damals wahlentscheidenden Staat, für Gore gestimmt, hätte es wohl weder einen Irakkrieg gegeben noch eine so weitgehende Einschränkung der Grundrechte von Bürgern und Terrorverdächtigen. Deshalb gilt Nader entweder als tragische Figur oder als rücksichtsloser Egomane, der das Gegenteil dessen erreicht, wofür er angeblich kämpft.

2008 will er wieder antreten. Befragt nach dem Risiko, abermals einen Demokraten zu verhindern und dem Republikaner John McCain zur Macht zu verhelfen, sagte Nader am Sonntag: Barack Obama sei „ein Kandidat mit Substanz“, aber für ihn „nicht herausfordernd genug“. Bei der allgemeinen Krankenversicherung, der Reform des Arbeitsrechts, der Wirtschaftskriminalität und im Irak sei eine viel radikalere Wende nötig.

Und das natürlich auch bei der Zulassung dritter Kandidaten im Präsidentschaftsrennen. Nader hat mehrere Gerichtsverfahren angestrengt. Den Demokraten wirft er vor, sie hätten seine Bewerbung durch eine Verschwörung verhindert. Die Hürden im US-Wahlrecht für Unabhängige – sie müssen in fast jedem der 50 Staaten Unterschriftenliste vorlegen, um auf den Stimmzettel zu kommen – sei „eine Diskriminierung“ in einer ebenso unerträglichen Dimension „wie die Diskriminierung Schwarzer in den Südstaaten“. Sein schlechtes Wahlergebnis 2004, als er nur 0,3 Prozent der Stimmen erhielt, erklärt er so: Wegen der hohen Anforderungen habe er es in nur 34 Staaten auf den Stimmzettel geschafft. Ein weiterer Grund war, dass er 2000 für die Grüne Partei angetreten war, 2004 aber auf eigene Rechnung. 2008 wird es ihm da nicht besser gehen. Naders Zeit ist vorbei, am Mittwoch wird der in Connecticut geborene Verbraucheranwalt libanesischer Abstammung 74.

Noch nie in der jüngeren US-Geschichte hat ein dritter Kandidat die Wahl gewonnen. Sie haben nur Favoriten gestürzt, in beiden Lagern. 1992 wurde Bill Clinton allein deshalb Präsident – mit nur 43 Prozent der Stimmen –, weil der konservative Milliardär Ross Perot so viele Republikaner für sich gewann, dass Präsident George Bush senior die Wiederwahl verpasste. Christoph von Marschall

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