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POSITIONEN: Lehrer bleiben – bis zur Rente

Schule in Berlin wird besser, wenn die Gehälter unterschiedlich sind. Mit Talent, Engagement und Leistung müsste es dem einzelnen Lehrer möglich gemacht werden, im System Schule Karriere zu machen.

Gerechtigkeit: Das bedeutet für die derzeit streikbereiten Lehrer vor allem gleiche Bezahlung. Gleich ist aber nicht immer gerecht, und Schule wird besser, wenn Lehrergehälter unterschiedlich sind.

Gleiche Gehälter für angestellte Lehrer – bundespolitisch gesehen ist das eine gute Forderung. Die derzeit bestehenden Gehaltsunterschiede zwischen den Bundesländern, die bis zu 800 Euro pro Monat betragen können, müssen ausgeglichen werden. Am schlechtesten verdienen Lehrer in Ostdeutschland, besonders in Sachsen. Hier befürchtet man nun einen ansteigenden Lehrermangel und Abwanderung in andere Länder. Diese Art der Konkurrenz schadet den Schulen.

In Berlin ergänzen die Wunschliste zwei Gruppen mit Forderungen, die außerhalb des öffentlichen Dienstes überwiegend auf Kopfschütteln stoßen. Da sind zum einen die älteren Lehrer, die Ermäßigungsstunden verlangen – generell für alle ab einer bestimmten Altersgrenze und bei vollem Lohnausgleich. Dass alle anderen Arbeitnehmer erstens diese altersflexible Arbeitszeit nicht kennen und zweitens davon ausgehen müssen, dass weniger Arbeit auch weniger Lohn bedeutet, scheint außerhalb ihrer Vorstellungskraft.

Der Junglehrerinitiative „Bildet Berlin“ wiederum geht es um eine Angleichung der Gehälter von angestellten und verbeamteten Lehrern. Ihre Rechnung: Ein Beamter verdient in 40 Dienstjahren rund 100 000 Euro mehr als sein angestellter Kollege.

40 Jahre! Diese Rechnung verdeutlicht, wie weit entfernt der öffentliche Dienst von der Arbeitsrealität anderer Berufsgruppen ist. 40 Jahre in der gleichen Firma – das ist für wenige Berufsanfänger eine Option. Junge Leute stellen sich heutzutage darauf ein, im Laufe ihres Lebens den Beruf zu wechseln, vielleicht sogar mehr als einmal. Eltern beschwören das lebenslange Lernen und geben den dringenden Rat, immer weitere Kompetenzen zu erwerben, Neues auszuprobieren und sich den Herausforderungen offen zu stellen. Scheitern inklusive.

Lehrer scheitern nicht, jedenfalls ist das nicht vorgesehen. Sie bleiben – bis zur Rente. Ihr Beamtenstatus und die damit verbundenen Privilegien hindern sie daran, im Bedarfsfall aus dem Schuldienst auszusteigen. Schule wird dadurch nicht besser.

Um Gleichbehandlung geht es den jungen Pädagogen in Berlin. Dabei muss es doch um genau das Gegenteil gehen. Mit seinem Talent, seinem Engagement, seiner Leistung müsste es dem Einzelnen möglich gemacht werden, im System Schule Karriere zu machen. Stattdessen erfolgt eine Entlohnung nach Berufsjahren, und jeder Karriereschritt, zum Beispiel Fachbereichsleitung oder Schulleitung, ist eine Eingruppierung auf Lebenszeit. Einmal Direktor, immer Direktor – bis zur Rente.

Dieses System ist auf Führungspersonal angewiesen, das hohe Ansprüche an die eigene Arbeit stellt. Jede falsche Besetzung ist ein Desaster, und leider kommen Fehlgriffe immer wieder vor. Neben dem Mangel an Bewerbern (vor allem an Grundschulen) ist ein Grund vor allem im Laufbahnrecht der Beamten zu sehen. Über die Auswahl der Bewerber entscheiden nicht Ideen, Engagement und Führungsqualitäten, sondern das Laufbahnrecht der Beamten: Wer die höhere Besoldungsgruppe hat, hat Vorrang. Dieser Unsinn muss aufhören.

Wir brauchen auch eine bessere Bezahlung von Lehrkräften in Schulen in sozial schwierigen Lagen. Nicht weil es allein ein Qualitätssiegel ist, in einer solchen Schule zu arbeiten, sondern weil die besten Pädagogen an diese Schulen geholt werden müssen. Studien weisen regelmäßig nach, dass nicht nur guter Unterricht zu besseren Lernleistungen führt, sondern dass besonders die schwachen Schüler von guten Lehrern profitieren. Für diese Lehrer brauchen wir unter anderem finanzielle Anreize, um sie an die „Brennpunktschulen“ zu locken.

Die Autorin ist Mitglied des Vorstandes der Stiftung Bildung, www.stiftungbildung.com, und Herausgeberin des Elternportals www.berlin-familie.de

Von Daniela von Treuenfels

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