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POSITIONEN: Mit vereinter Energie

Deutschland und Frankreich schmieden ein neues Bündnis.

Deutschland und Frankreich stehen vor einer Herausforderung, die das 21. Jahrhundert prägen wird – dem Aufbruch in ein neues Energiezeitalter. Die Wirtschaft der Zukunft wird weitaus sparsamer als bisher mit Ressourcen umgehen müssen, das Wachstum muss vom Ressourcenverbrauch entkoppelt werden. Die deutsche Energiewende und die französische „transition énergétique“ sollen erreichen, den Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix signifikant zu erhöhen, die Energieeffizienz erheblich zu steigern, die Energiesicherheit zu gewährleisten und Energie für alle erschwinglich zu halten.

Die deutsch-französische Energiewende ist auch ein Vorhaben, den Wohlstand zu mehren. Wir stehen vor einer neuen Welle industrieller Innovation, vor allem der Energie- und Umwelttechnologien. Es ist wichtig, dass wir Europäer Vorreiter dieser Innovationswelle bleiben – auf Märkten, deren Volumen sich innerhalb des nächsten Jahrzehnts verdoppeln wird.

Wir wollen, dass Deutschland und Frankreich Motor dieser neuen industriellen Revolution werden. Schon jetzt sind Deutschland und Frankreich Nummer eins und zwei bei der Erzeugung erneuerbarer Energien in Europa. Die französische „transition énergétique“ zielt darauf, den Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung von aktuell 75 auf 50 Prozent bis 2025 zu senken und im Gegenzug den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung auf rund 23 Prozent zu steigern. Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis Ende 2022 ganz aus der Kernenergie auszusteigen und bis 2030 mindestens einen Anteil von 50 Prozent erneuerbarer Energien an der Stromversorgung zu erreichen.

Unser Ziel ist auch, die Energiewende zu einem neuen Motor der deutsch-französischen Beziehungen zu machen! Wir haben vor kurzem die Gründung eines deutsch-französischen Büros für Erneuerbare Energien beschlossen. Es wird die Kooperation unserer Unternehmen fördern und politisch und wissenschaftlich die Energiewende voranbringen.

Ein wichtiges Ziel dieser Energiewende ist, uns Europäer weniger von Energieimporten abhängig zu machen. Die EU deckt immer noch mehr als die Hälfte ihres Energiebedarfs mit Energielieferungen aus Nicht-EU-Staaten. Es muss gelingen, diesen Anteil erheblich zu reduzieren, um die Energiekosten zu senken, die heimische Wertschöpfung zu steigern und Arbeitsplätze zu schaffen. Dafür muss dringend die Energieeffizienz gesteigert und die EU-Energieeffizienz-Richtlinie zügig umgesetzt werden. Auch der europäische Emissionshandel als eines unserer wichtigsten Instrumente für Energiewende und Klimaschutz muss dringend gestärkt werden. Er ist ein Exportschlager, wird vielerorts kopiert. Gegenwärtig ist das System aber wirkungslos. Darum unterstützen wir nachdrücklich die EU-Kommission dabei, zu auktionierende Zertifikate zurückzuhalten und später dauerhaft vom Markt zu nehmen, auch um den bedenklichen Trend zurück zur Kohle in der konventionellen Stromerzeugung aufzuhalten.

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent zu senken. Wir wollen dieses Ziel noch übertreffen. Bis 2050 brauchen wir eine Minderung der Treibhausgase in der EU von 80 bis 95 Prozent. Nur so werden die notwendigen Investitionen in erneuerbare Energien, in Energieeffizienz und Infrastrukturen angestoßen.

Um eine weltweite Umsetzung dieser Ziele zu ermöglichen, haben wir beschlossen, einen Klub von Staaten zu gründen, die bei der Energiewende und beim Ausbau der erneuerbaren Energien als Avantgarde vorangehen. Insbesondere möchten wir dazu durch den Mittelmeersolarplan zur Förderung erneuerbarer Energien in der Mittelmeerregion beitragen.

Wir Europäer sind in der Lage, die bevorstehende industrielle und technologische Revolution anzuführen. Das gelingt nur, wenn wir dabei kooperieren. Nichts würde Europa mehr schwächen als eine Rückkehr zu nationalen Egoismen und Alleingängen. Nur ein starkes Europa sichert unseren Wohlstand im 21. Jahrhundert und kann die entstehende neue Weltordnung gestalten.

Die Autoren sind die Umweltminister von Deutschland und Frankreich.

Peter Altmaier, Delphine Batho

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