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Putins Russland: Das Njet-Prinzip

Russland erpresst kleine Staaten mit Wirtschaftssanktionen. Damit demonstriert Putin Stärke - und sorgt langfristig für gefährliches Chaos.

Es geht um Fisch, um Wein und nochmals um Wein. Rigaer Sprotten wurden früher zu jeder vernünftigen russischen Hochzeitsfeier gereicht. Weine aus der Republik Moldau, immerhin dem neuntgrößten Weinproduzenten der Welt, lagen in den Weinregalen der Supermärkte in Russland. Und ohne Wein aus Georgien, dem Land, das weltweit als Erstes Trauben kultivierte, wäre jedes Trinkgelage in Moskau früher undenkbar gewesen.

Heute, im Russland Wladimir Putins, ist Schluss damit. Lettland geht mit seiner russischen Minderheit nicht so um, wie Moskau es gefällt? Importverbot! Das kleine Moldau will, dass Russland endlich seine Truppen – wie vereinbart – aus der Schmugglerrepublik Transnistrien abzieht? Importverbot! Georgien will in die Nato? Trinkt euren Wein doch alleine!

Vordergründig mag eine solche Njet-Politik Moskau nützen. Die Volkswirtschaften Moldaus und Georgiens leiden enorm unter den Wirtschaftssanktionen, Russland hat dagegen Stärke gezeigt. Stärke?

Eine Politik, die immer wieder Stärke demonstrieren muss, kaschiert meist nur die eigene Schwäche. Im Russland von heute ist das nicht anders. Putins Versuche, sich weltweit Gehör zu verschaffen – ob durch Importstopps für Fischchen oder durch die Wiederaufnahme von Langstreckenbomber-Patrouillenflügen, ob durch Njet-Politik im Kosovo oder gegenüber Iran-Sanktionen – sie wirken unsicher und getrieben. Sie kaschieren, dass Russlands Wirtschaft und damit nahezu der gesamte Staatshaushalt des Landes von Energieexporten abhängig ist. Und sie führen zu nichts.

Rechtsfreie Zonen wie Transnistrien oder die von Moskau geduldeten abtrünnigen georgischen Teilrepubliken Südossetien und Abchasien, Gebiete mit ungeklärtem völkerrechtlichen Status wie das Kosovo brauchen einen verbindlichen Rahmen für die Zukunft, bevor sie endgültig zu Orten von Unsicherheit und Terror werden. Es wird Zeit, dass diese Einsicht auch nach Moskau durchdringt, das die Wirkungsmechanismen unklarer territorialer Staatlichkeit in Tschetschenien immerhin jahrelang selbst hat besichtigen können.

Europa und Deutschland haben allen Grund – und als größte Kunden russischer Energie auch die erforderlichen Druckmittel – von einem künftigen Ministerpräsidenten Putin zur Lösung dieser Konflikte endlich einmal mehr zu hören als nur „Njet“.

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