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Ehrung für Putin: Quadriga-Preis mit Totalschaden

Der Quadriga-Preis ehre Vorbilder, Persönlichkeiten, deren Handeln auf Werten beruht, heißt es. Für welche Werte steht Wladimir Putin? Die Quadriga hat auf ihrem Ausflug nach Moskau einen Totalschaden erlitten.

In der Philosophie des Preises, den der Verein Werkstatt Deutschland zum 3. Oktober vergibt, heißt es: „Die Quadriga würdigt Vorbilder.“

Man muss schon ein Oberzyniker sein oder ziemlich viel rosaroten Schmutz auf der Lupe haben, um da auf Wladimir Putin zu kommen. Es wird auch nicht besser durch die zunächst veröffentlichte Begründung, warum ausgerechnet der russische Ministerpräsident geehrt werden soll: „Im Inneren schaffte und schafft er Stabilität durch das Zusammenspiel von Wohlstand, Wirtschaft und Identität.“ Das bekommt auch so mancher Diktator hin. Ein solcher ist Putin zwar nicht, Russland hat wahrlich schwärzere Zeiten erlebt; die vermeintliche Stabilität des Landes aber beruht auf Willkürjustiz, Verfolgung Oppositioneller, Auftragsmorden an Journalisten und Stasi-Methoden der Polizei. Ein Geheimnis ist das nicht.

Das Kuratorium der Quadriga hält an der Ehrung trotz vieler kritischer Stimmen auch aus dem Ausland fest, eine Absage hätte den Schaden auch nur noch vergrößert. Jetzt heißt es, Putin werde für die Stabilität der deutsch-russischen Beziehungen ausgezeichnet, auch sein Stehvermögen wird gelobt, was immer das bedeutet. Es fehlt nicht der Hinweis, das Jahresthema sei schließlich „Leadership“. Na, das passt ja. Da mag sich wohl mancher wünschen, der 3. Oktober wäre bereits vorbei.

Für den kleinen Verein, der unversehens große Außenpolitik macht, ist diese Ehrung das Ende der Wohlgefälligkeit. Die rührige Vorsitzende hat Prominente für ihre Events gesammelt wie andere Leute Treueherzen, und es war allen recht, einander zu beglänzen, mal als Ehrende und Lobredende, mal als Geehrte und Gelobpreiste. Auch die Bürger hatten etwas vom Wirken der Werkstatt, soweit sie sommers mit dem Bundespräsidenten an der „Tafel der Demokratie“ Platz nehmen durften und sich gerne mit Sülze und Kartoffeleintopf aus dem Adlon abspeisen ließen. Nichts weniger als dem Wohle des Ganzen zu dienen war das erklärte Ziel des Vereins. Das ist, wie sich zeigt, doch zu vermessen.

Die Welt ist voller Preise, und manche sind umstritten, weil sie quasi im Voraus vergeben werden, mit Hoffnung verknüpft. Das muss nicht falsch sein. Der Friedensnobelpreis an Arafat ließ sich so als Ermutigung verstehen oder als Unterstützung, der an Obama als Hypothek – aber wie ist die Quadriga für Putin zu sehen? Was ist der tiefere Sinn? Die Quadriga ehre Persönlichkeiten, deren Handeln auf Werten beruht, sagt der Verein. Für welche Werte steht Putin? Nichts dazu in der Erklärung, die nur dessen angebliche Leistung bei „Kontinuität und Weiterentwicklung“ des „neu begründeten Vertrauensverhältnisses zwischen Russland und Deutschland“ rühmt.

Und wem vertrauen wir hier? Vor wenigen Wochen hat Putin erklärt, was er im Fall seiner Wahl zum Präsidenten im kommenden Jahr zu tun gedenkt: „Ich werde reinemachen, sowohl im hygienischen Sinne des Wortes als auch im politischen.“ Und weiter: „Nach all diesen Wahlrunden, die wir überstehen müssen, muss im Anschluss die Hygiene folgen.“ Die Wahl zum Preisträger der Quadriga hat er schon geschafft. Er wird bestimmt angemessen beeindruckt sein.

Wenn es hier wirklich nötig wäre, Wladimir Putin als Vorbild zu ehren, dann bräuchte Deutschland keine Werkstatt mehr, sondern einen Schrotthändler. Ganz so weit ist es dann wohl doch noch nicht. Aber die Quadriga, die hat auf ihrem Ausflug nach Moskau einen Totalschaden erlitten.

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