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Liebig14 und lange Vorgeschichte: Regierender Hausmeister

Bestechung, Besetzung: Viele Berliner Regierende Bürgermeister sind über Immobilien gestürzt – und Klaus Wowereit? Welches Omen ist die Räumung der Liebigstraße 14 für ihn? Und für die Grünen?

Wenn in Berlin ein Regierender Bürgermeister kippt oder gleich der ganze Senat, dann hat das seit mehr als 30 Jahren immer mit Häusergeschichten zu tun, Skandale, Besetzungen, Räumungen – Hauptsache Immobilien. 1977 Klaus Schütz: vom Steglitzer Kreisel aus der Bahn geworfen. 1981 Dietrich Stobbe: hundert Millionen in der Garski-Wüste verbuddelt. Im selben Jahr Hans-Jochen Vogel: von Hausbesetzern weggeräumt. 1989 Eberhard Diepgen: vom korrupten Parteifreund Antes im Baubestechungssumpf versenkt. 1991 Walter Momper: in der Mainzer Straße verlaufen. 2001 Eberhard Diepgen: von den Immobilienschulden der Bankgesellschaft erschlagen. 2011 Klaus Wowereit: in den Polizeiketten rund um die Liebigstraße hängen geblieben?

Das wird kaum passieren. Falls Wowereit im Herbst abgelöst werden sollte, wird das andere Gründe haben. In Sachen Hausbesetzung streckt sein Senat die Flügel ganz weit. Auf der einen Seite Innensenator Ehrhart Körting, der zwar nicht wie einst CDU-Hardliner Heinrich Lummer in NapoleonPose auf die eroberten Barrikaden steigt, der aber verbalradikal – und konsequent handelnd – auch bei ordnungsliebenden Unionsanhängern kaum Wünsche offen lässt. Auf der anderen Seite flattern die Linken herum im Bemühen um die Gunst der Besetzer und ihrer Sympathisanten, der sie trotz ihrer Doppelrolle als regierende Opposition beziehungsweise oppositionelle Regierung näher sind als die Grünen.

Aber wo sind sie, die Grünen? Sie betrauern den Verlust eines der Projekte, „die für die kulturelle Vielfalt in unserem Bezirk wichtig sind und ihn attraktiv machen“, wie Bezirksbürgermeister Franz Schulz sagt. Sie bedauern die Räumung, halten sie aber für rechtlich korrekt und politisch ausreichend „transparent“, wie die Spitzenkandidatin Renate Künast erklärt.

Künast war es, die damals als Fraktionsvorsitzende wegen der Räumung der Mainzer Straße die Koalition mit der SPD aufkündigte und damit das Ende der Amtszeit Walter Mompers einleitete. Heute sagt sie, die Vorgänge seien nicht gleichzusetzen. Damals hatten sich die Grünen von der SPD übergangen gefühlt. Aber auch die Grünen von heute sind nicht mehr die gleichen wie damals, auch, wenn manche von ihnen dieselben sind.

Sie wollen eben alle regieren, die CDU, die Linken, die Grünen, und das, wenn es sein muss, auch mit Klaus Wowereit an der Spitze. Von daher droht ihm keine Gefahr, nicht wegen eines geräumten Hauses. Kippen kann die politische Stimmung aber dennoch – nämlich dann, wenn die szenetypische Folklore mit angetrunkenen „erlebnisorientierten Jugendlichen“ und den aus Protest auf ihren Balkonen topfschlagenden Nachbarn in längere Straßenschlachten ausartet, mit hohem Sachschaden, mit Bildern prügelnder Polizisten, mit vielen Verletzten.

Das könnte die Linken doch noch aus der Koalition treiben – und die Grünen womöglich hinein. Aber was dann? „Wir waren schon immer gegen Gewalt“, sagt Künast. Als Programm zur Inneren Sicherheit reicht das nicht aus.

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