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Meinung: Regierungskrise in Israel: Flucht in die Sackgasse

Ehud Barak hat die Flucht nach vorne angetreten. Als Politiker hat der Ex-Generalstabschef damit keine Erfahrung, und so hat er die falsche Richtung eingeschlagen: auf den Abgrund zu.

Ehud Barak hat die Flucht nach vorne angetreten. Als Politiker hat der Ex-Generalstabschef damit keine Erfahrung, und so hat er die falsche Richtung eingeschlagen: auf den Abgrund zu. Ein klassischer Fall von politischem Selbstmord. Und dies in Verkennung des Willens der Parlamentarier, die nun um ihre Sitze zittern müssen. Sie wollten nicht Neuwahlen, sondern dem Premier einen Warnschuss vor den Bug setzen. Auch die Wähler sind eher an einer möglichst breiten Regierung zur Bewältigung der Krise interessiert als an spaltendem Wahlkampf.

Barak hat den Entschluss einsam gefällt. Spöttisch gesagt, hat sich der Regierungschef allenfalls mit dem Verteidigungsminister beraten, der ebenfalls Barak heißt. Ihm fehlt die Gabe, mit dem Kabinett und mit der Bevölkerung zu kommunizieren. Angetreten war der Premier als geistiger Nachfolger und politischer Erbe von Jitzhak Rabin, der sich vom harten Militär zum Friedensnobelpreisträger gewandelt hatte. Und nun droht Barak wie Jitzhak Schamir oder Benjamin Netanjahu zu enden: unglaubwürdig, mit übler Nachrede, ein politischer Versager.

Der Fall Netanjahu beweist allerdings auch, dass die Öffentlichkeit schnell vergisst oder zumindest verzeiht. Nur so lässt sich der phänomenale Wiederaufstieg des "Bibi" Netanjahu in den Meinungsumfragen erklären. Muss Barak also die anstehenden Wahlen von vornherein verloren geben? Er hat noch eine Chance - wenn er, erstens, zurücktritt und, zweitens, einen Kompromiss mit Jassir Arafat schließt. Sein Rücktritt als Regierungschef würde das Comeback von Netanjahu verhindern. Dann würde nur der Premier neu gewählt, nicht das Parlament. Und kandidieren dürften nur Abgeordnete - was Netanjahu nicht mehr ist.

Doch wahlentscheidend ist der Friedensprozess. Erzielt Barak doch noch ein Abkommen mit Arafat - ein Ende der Gewalt wäre die Vorbedingung -, kann Barak hoffen. Eine große Mehrheit der Wähler ist bereit, einen erheblichen Preis für Frieden zu zahlen. So hat sich Barak selbst unter Erfolgszwang gesetzt - wie schon mehrfach in seiner rekord-kurzen Amtszeit. Aber er hat die Rechnung wieder einmal ohne den Wirt gemacht, Jassir Arafat. Der hat seit Beginn der "Al Akza-Intifada" in den palästinensischen Meinungsumfragen rasant zugelegt - also keinen Grund, nachzugeben. In seiner Umgebung verkennt man wieder einmal die Lage und glaubt, es sei zweitrangig, ob ein konzessionsbereiter Barak, ein sturer Netanjahu oder ein nationalistischer Ariel Scharon in Israel an der Macht ist.

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