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Meinung: Rentenfüchse mit Hasenfüßen

Die künftige Koalition will das Rentenalter anheben – das aber erst 2007 beschließen

Die Sollbruchstelle für die große Koalition hat eine Hausnummer bekommen, noch bevor der Koalitionsvertrag unterschrieben ist: Es ist die Nummer 67. Erst mit 67 Jahren sollen Arbeitnehmer vom Jahr 2025 an in Rente gehen können. Darin sei man sich weitgehend einig, sagten die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, SPD-Chef Franz Müntefering und Edmund Stoiber für die CSU. Nur entscheiden werde man das erst in zwei Jahren.

Wenn sich aber alle einig sind: Warum vertagen sich die künftigen Regierungsmitglieder dann in dieser Sache? Warum geben sie das Signal, dass sie sich die strukturverändernden Entscheidungen (noch) nicht zutrauen?

Niemand kann im Ernst annehmen, dass es im Jahr 2007 leichter wird, ein solches Gesetzesvorhaben zu beginnen. Wenn die potenziellen Koalitionspartner bis dahin zermürbt vom Staatssanieren sind, werden sie die Koalition an dieser Frage platzen lassen. Wenn sie sich wider Erwarten bis dahin gut verstanden haben, werden sie in Versuchung geraten: Was gibt es Besseres, als Wahlkampf um die Rentner zu führen?

Die künftige Regierungsmannschaft darf sich diese Entscheidung jetzt nicht sparen, wenn sie tatsächlich ehrliche Politik machen und die Zumutungen einigermaßen gerecht verteilen will. Etwa vom Jahr 2015 an wird der Bevölkerungsrückgang die Rentenkassen belasten, dramatisch wird es vom Jahr 2030 an. Dann werden die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen, immer weniger Beitragszahler werden für immer mehr Rentner sorgen müssen. Dagegen sind die Probleme, die die Rentenkasse heute wegen der hohen Arbeitslosigkeit hat, harmlos.

Zudem wäre es auch ein Gebot der Gerechtigkeit und Fairness, das künftige Rentenalter jetzt zu bestimmen: Wenn den heutigen Rentnern zwei weitere Nullrunden zugemutet werden können, dann gibt es keinen Grund, den Jüngeren Aufschub zu gewähren. Zumal die heutigen Rentner im Gegensatz zu den heutigen Erwerbstätigen den Generationenvertrag ja erfüllt haben: Sie haben gearbeitet, eingezahlt, und sie haben Kinder bekommen. Damit haben sie für die Beitragszahler gesorgt, die ihre eigene Rente finanzieren.

Ein Gebot der Fairness ist es, weil die Jüngeren wissen müssen, was auf sie zukommt. Wer nämlich aus der vertagten Entscheidung über die Lebensarbeitszeit schließt, dass er auch seine privaten Entscheidungen für einen materiell abgesicherten Ruhestand noch ein, zwei Jahre liegen lassen kann, der täuscht sich gewaltig: Gerade die Generation der heute 35- bis 55-Jährigen hat vergleichsweise wenig Zeit, um eine private Altersvorsorge aufzubauen.

Die aber wird es brauchen, wenn einer mit 67 in Rente oder mit künftig 63 in die vorgezogene Rente gehen will. Denn: Wer nicht länger arbeiten will, kann oder darf, der wird hohe Rentenabschläge in Kauf nehmen und so zur Sanierung des Ruhestandssystems beitragen müssen. Das ist die Rentenkürzung für die Jüngeren.

So gesehen, ist die Rente mit 67 nicht nur die Sollbruchstelle für die große Koalition. Sie ist auch die Sollbruchstelle für eine glaubwürdige Politik. Ehrlich.

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