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Das Weiße Haus in Washington. Wegen dem US-Haushaltsstreit sind ab sofort fast alle öffentlichen Einrichtungen geschlossen.

© dpa

Haushaltsstreit in den USA: Republikaner machen den Wahnsinn zur Methode

Alle paar Monate missbrauchen rechte Republikaner das Budgetrecht. In Deutschland fragen sich manche besorgt, ob Ähnliches mit der Schuldenbremse auch hierzulande möglich wäre. Vieles am "Government Shutdown" ist jedoch speziell amerikanisch.

In den USA wird der Irrsinn zur Methode. Alle paar Monate missbrauchen rechte Republikaner das Budgetrecht des Parlaments für Erpressungsmanöver. Wann immer die Regierung Obama Geld braucht, droht die konservative Mehrheit im Abgeordnetenhaus, es ihr zu verweigern, sofern sie ultimative Forderungen nicht erfüllt. Die Rechten zeigen keinen Respekt vor dem Nationalinteresse. Im Sommer 2011 verloren die USA nach einer solchen künstlich herbeigeführten Budgetkrise ihr exzellentes Kredit-Rating, die Börsenkurse rutschten. Sie zeigen auch keine Achtung vor demokratischen Regeln. Jetzt möchten sie mit der Regierungsschließung die Gesundheitsreform torpedieren, obwohl die 2010 rechtmäßig beschlossen wurde.

Wahnsinn wird Methode

Die meisten Deutschen stehen vor einem Rätsel. Wie kann der Wahnsinn zur Methode werden in einem Land, das technisch und ökonomisch Spitze ist und weltweit kulturelle Trends setzt? Warum haben Radikalinskis solchen Einfluss? Sie stellen nur ein Fünftel der Abgeordneten. Manche fragen schon besorgt, ob sich eine ähnliche Dynamik in Deutschland entfalten könnte, wenn demnächst die Schuldenbremse greift. Folgen auch hier „amerikanische Verhältnisse“, wenn Bund und Länder die Mittel für laufende Kosten aufgebraucht haben, aber keine neuen Kredite mehr aufnehmen dürfen?

Viele Ursachen des „Government Shutdowns“ in den USA sind speziell amerikanisch. Zum Beispiel der tiefe ideologische Riss mitten durch die Gesellschaft und die manipulierbare Wahlkreiseinteilung. „Tea Party“-Leute scheren sich nicht um Land und Partei, wenn die Lähmung des Staats ihre lokale Machtbasis festigt. Die Blockade wird sich nicht rasch lösen. Erstens bieten sich in kurzer Abfolge zwei Gelegenheiten zum Kampf: der Beginn des Budgetjahres am 1. Oktober und dann das erneute Erreichen der Schuldenobergrenze wenig später. Zweitens haben die Hauptkontrahenten ein gemeinsames taktisches Interesse: die Schwächung der Republikaner-Spitze im Kongress.

Feuerprobe für Obama

Obama erntet Kritik. Ihm fehle es an Führungskraft. Nun kann er Stärke zeigen, indem er sich der Erpressung widersetzt. Ohne großes Risiko. Seine Gesundheitsreform bleibt zwar unpopulär, aber die Mehrheit der Bürger findet es falsch, sie mit dem Budgethebel zu stoppen. Die „Tea Party“ wiederum berauscht sich an ihrer Macht und Prinzipientreue, wenn sie Appelle der Republikaner zur Mäßigung ignoriert. Eines muss man ihr zugestehen: Die Erpressung ist wirkungsvoll, weil Amerikas Regierungen seit langem mehr Geld ausgeben, als sie einnehmen – egal, ob Republikaner oder Demokraten im Weißen Haus bestimmen. Die Verschuldung ist unverantwortlich hoch. Fehlt den Politikern der breiten Mitte der Gesellschaft die Kraft zu verantwortlichem Haushalten, bleibt nur die Schuldenobergrenze und mitunter ihre Verteidigung durch Randkräfte im Parlament.

Ein Szenario für Deutschland?

Und Deutschland? Kann es auch hier zur Schließung von Ämtern, unbezahltem Zwangsurlaub für Bedienstete, dem Stopp der Rentenüberweisung kommen? Welten trennen die politische Kultur in Deutschland von der in den USA. In Amerika wird der ideologische Streit noch erbittert ausgefochten. Deutschland ist eine Konsensgesellschaft, in der alle mehr oder minder Sozialdemokraten sind. In den USA wird das Budgetrecht rigide ausgelegt. Ist kein Geld in der Kasse, haben Leistungsberechtigte das Nachsehen. Das gilt auch dann, wenn der Staat gar nicht pleite ist, sondern das Parlament vorhandene Mittel nicht bewilligt. Hierzulande liefe es anders. Deutsche glauben an den Staat; unvorstellbar, dass auf ihn kein Verlass sein soll. Das gäbe Massendemonstrationen! Oder Gerichte ordnen an, dass der Staat gesetzlich festgelegte Leistungen nicht von der Kassenlage abhängig machen darf.

Die Drohung mit „Shutdown“ ist kein Vorbild für den Ausweg aus dem Schuldenstaat. Deutschland muss freilich erst beweisen, dass es mit der Schuldenbremse besser funktioniert. Was ist sie wert, wenn es hart auf hart kommt? Aber trotz aller kulturellen Unterschiede, diese Warnung eint wieder: Um ihre Demokratie zu erhalten, müssen Politiker zu vernünftigem Haushalten fähig sein.

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