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"Seine Devise: Es gibt große Probleme – aber sie sind lösbar."

© dpa

Rückblick 2011: Ein Politiker, wie er selten vorkommt

Das Jahr 2011 war für uns Normalsterbliche ein Jahr der Erkenntnis. Diese Erkenntnis wäre ausgeblieben, hätte es nicht Politiker gegeben, die uns den Weg zu ihr geebnet hätten.

Wusste zum Beispiel außerhalb informierter Kreise irgendjemand, was ein Mitternachtsnotar ist? Seit dem Fall des Berliner Senators für Verbraucherschutz können wir die Erklärung herbeten, wissen von Schrottimmobilien und aufgespaltenen Kaufverträgen. Das Berufsbild ist zerstört – und wir werden höllisch hellhörig, falls demnächst ein Gutenmorgenanwalt oder ein Mittagspausenassessor mit einem langen Vertrag in der Hand aufkreuzt.

Fall 2: Das Interviewbuch. Was ist das – und wozu braucht man es? Schon normale Politiker-Interviews ohne Buch sind ja meist eine ziemlich langweilige Sache, man blättert drüber oder wünscht sich (TV), dass es rasch vorbei sein möge. Und dann das Ganze aufs Zehnfache ausgewalzt? Liest man so etwas nachts um drei, wenn der Schlaf um keinen Preis kommen will, als ein Art gedruckte K.-o.-Tropfen? Oder als öffentliche Imponiergeste auf der Liege im niedersächsischen Wellnesshotel?

2007 zum Beispiel erschien „Besser die Wahrheit“, ein Interviewbuch mit Christian Wulff, der darin erklärte, wie er als Ministerpräsident die Welt aus Großburgwedeler Sicht sah. Bei Amazon liegt es derzeit weit hinten auf Buch-Rang 5152, das mag ein Verlagsfehler sein, sollte der Titel eigentlich „Besser als die Wahrheit“ lauten? Wie auch immer: „Christian Wulff ist ein Politiker, wie er selten vorkommt: ein mitfühlender Konservativer, einer, der knallharte politische Forderungen durchaus charmant vorzubringen weiß. Und ein realistischer Optimist. Seine Devise: Es gibt große Probleme – aber sie sind lösbar.“

Ach, und nun die Pointe: Solche Bücher müssen überhaupt nicht im Laden verkauft werden. 2500 Stück nämlich sind laut „Zeit online“ von der Georgsmarienhütte-Holding abgenommen worden, weitere 5000 von der CDU. Ganz klar ist das alles noch nicht, der Konzern will nur etwa hundert Bücher gekauft haben, oh, es gibt so viele Amigos in dieser Affäre, dass einem ganz dumm wird im Kopf.

Durchaus möglich, dass ein paar dieser Bücher heute unter dem festlich geschmückten Baum liegen, gleich neben dem Guttenberg. Wenn ja, wäre das ein Grund, den Schenkenden nachdrücklich nach seinen Motiven zu befragen. Möglicherweise handelt es sich um einen Mitternachtsnotar.

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