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Weil Wasser ein kostbares Allgemeingut ist, wurde es dem Profitstreben privater Investoren wieder entzogen.

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Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe: Ob staatlich oder privat - schlechte Manager gibt es überall

Erst wurde privatisiert, dann wird zurückgekauft: Die Debatte um die Berliner Wasserbetriebe wirft die alte Frage auf: Wofür soll der Staat da sein und wie stark darf er sein?

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Sozialismus alter Prägung hat seine Zukunft hinter sich. Aber die Frage, wofür der Staat da sein soll und wie stark er sein darf, ist aktueller denn je. Der nicht auf Berlin beschränkte, aber dort leidenschaftlich geführte Diskurs über die Vor- und Nachteile öffentlich geführter Unternehmen ist ein Beleg dafür. Erst wurde privatisiert, jetzt wird zurückgekauft. Für beide Strategien gab und gibt es rationale, den kommunalen Problemen geschuldete Gründe, allerdings auch rein ideologische Motive, hinter denen zwei schwer vereinbare Grundannahmen stehen: Der Staat ist für die öffentliche Daseinsvorsorge zuständig – nur wirtschaften private Unternehmen besser.

Für beides spricht viel, aber nicht alles. Auch der Staat kann Betriebe effektiv leiten, und welches Unheil private Banken und Investoren anrichten können, bedarf keiner näheren Erklärung. Nur im Einzelfall kann vernünftig entschieden werden, was richtig ist, Staat oder Privat. Der komplette Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe, der jetzt ansteht, ist dafür ein gutes Beispiel. Als das bis dahin landeseigene Versorgungsunternehmen 1999 zur Hälfte privatisiert wurde, war das eine grundsätzlich vertretbare Entscheidung. Denn das hoch verschuldete Berlin stand vor der Pleite, die Stadt hatte vorher schon Gasag und Bewag verkauft, um finanziell über die Runden zu kommen.

Doch die Not war so groß, dass sich der Senat erpressbar machte. Es wurden Renditezusagen vertraglich vereinbart, die moralisch sittenwidrig waren. Ein Geschäft zulasten der Wasserkunden, das dem Land Berlin und den privaten Miteigentümern jährlich Gewinne in dreistelliger Millionenhöhe einbrachte. Andererseits importierte der französische Konzern Veolia unternehmerisches und technisches Know-how in die Wasserbetriebe, das sich sehen lassen konnte. Trotzdem setzte sich in Berlin im Lauf der Jahre in allen Parteien die Einsicht durch, dass Wasser ein kostbares Allgemeingut ist, das dem Profitstreben privater Investoren entzogen werden sollte. Zumal sich Wasserwerke nicht einmal dem wirtschaftlichen Wettbewerb stellen müssen, anders als Strom- oder Gasversorger.

Eine rechtlich garantierte Monopolrendite und gleichzeitig steigende Wasserpreise nährten den Volkszorn in Berlin so lange, bis sich nicht nur die Sozial-, sondern auch die Christdemokraten genötigt sahen, die Wasserversorgung und Preisgestaltung wieder einer politischen Steuerung zu unterwerfen. Zusätzlich gedrängt durch eine Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamts. Das Resultat des 14 Jahre währenden Kampfs um das Berliner Wasser ist jetzt die Rekommunalisierung. Ein Sonderfall, ohne präjudizierende Wirkung, etwa auf die umstrittene Verstaatlichung des Strom- und Gasnetzes, mit der beträchtliche unternehmerische und finanzielle Risiken auf das Land Berlin abgewälzt werden, ohne nennenswerte Vorteile zu bringen.

Der Rückkauf der Wasserbetriebe taugt auch nicht als Argument, die Privatisierung landeseigener Unternehmen zu tabuisieren. Das Messegeschäft beispielsweise hat mit öffentlicher Daseinsvorsorge genauso wenig zu tun wie der immer noch staatliche Betrieb der Hafengesellschaft und des Großmarkts. Andererseits wäre es plausibel, den Zoologischen Garten samt Tierpark, an dem Berlin nur noch eine Aktie hält, wieder eng an die politische Leine zu nehmen, bevor unkontrollierte Misswirtschaft auch den letzten Tigerkäfig zugrunde richtet. Mal gute, mal schlechte Manager und Konzepte gibt es überall – staatlich und privat.

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